Morgen ziehen sie wieder los die Neujahrsböcke. Als Allershäuserin bin ich damit groß geworden, und Gott sei Dank gibt es ihn heute noch, in Allershausen und einigen anderen Dörfern.
Als Kind hatte ich Angst vor Gespenstern unter meinem Bett und Geistern auf dem Dachboden und dem Neujahrsbock! Wenn es dunkel war und wir hörten das Akkordeon, die Peitschen und die Glocken, war ich einer hypertensiven Krise sehr nahe.
Ich kann nicht mal mehr sagen wie alt ich war als ich mich zum ersten Mal an die Tür wagte und etwas in die Kiepe legte. Nur soviel: Es muss schon im Alter der pupertären Revolution gewesen sein. Ich weiß nicht wo wir uns alles versteckten wenn er kam: In der Gartenlaube, im Keller, in der Wohnung eingeschlossen in diverse Räume. Meine Eltern haben sich schlappgelacht, wir hingegen mit schockartigen Symptomen in diversen Ecken kauernd. Das schlimmste war, und das weiß ich noch genau:
Wir waren draußen und standen Ecke Dorfstrasse-Ziegeleistrasse. Man provozierte quasi eine Begegnung, weglaufen geht ja immer, dachten wir zumindest, hahahaha. Es war total glatt auf der Strasse, und wenn Du Angst hast, setzen Grob- und Feinmotorik aus sowie die Gangsicherheit so allgemein. Diese Kombination sorgte dafür dass wir kaum von der Stelle kamen. Und der Bock mit Gefolge im Nacken! Mir schlug die Pumpe aus dem Halse raus, ich war der festen Überzeugung wenn da einer von der Truppe auf 1 Meter an mich herankommt, ein Kollaps die Folge wäre. Wir haben es geschafft, ich denke das war olympiareif wie wir da die Dorfstrasse hocheierten, muss ausgesehen haben wie Kati Witt auf dem Eis mit 4,8 bar auf dem Kessel. Wir ab in die Bude-Schlüssel rum-zittern-pumpen wie ein Maikäfer. Die wussten ja was für Angsthasen wir waren, da suchte man uns auch gerne mal, so ist ja nun nicht.
Wenn ich die Glocken, die Peitschen und das Akkordeon höre, heute noch, kriege ich eine Schnatterpelle vom Scheitel bis an die Außenknöchel Fuß links und rechts. Ob aus Faszination weil sich auf den Dörfern noch immer Jungs/Männer finden die diesen Brauch am Leben erhalten, oder weil die Buxe voll ist: Ich verrate es nicht