“In welche Etage müssen Sie?”

Ich fahre seit geraumer Zeit tagtäglich Aufzug. Also nicht immer, nur in den Momenten in den ich zu träge bin eine Treppe zu erklimmen … okay, okay, eigentlich doch immer.
Und da ist mir an mir selber mal etwas aufgefallen.
Ganz früh am Morgen fahre ich immer alleine, ist kaum jemand wach um diese unmenschliche Zeit *gähn*, und da nehme ich den Aufzug mit dem Spiegel drin weil ich gerne nochmal nachschaue ob ich Zahnpastareste am Kinn oder eine Spur Marmeladen-/Buttermischung im Bart hängen habe. Da bin ich quasi tiefenentspannt.
Kommt aber ein anderer Fahrgast dazu, oder steige ich in einen Fahrtstuhl in dem sich schon Menschen befinden, bin ich nicht mehr tiefenentspannt. Und dann würde ich auch auf die „Gesichtskontrolle“ verzichten.
Auf relativ engem Raum mit Menschen zu denen man keinen Bezug hat, die man überhaupt nicht kennt, fühlt sich merkwürdig an. Oft steht man dort zusammen und keiner sagt einen Ton. Man kann die Anspannung oder aber auch Unsicherheit fast schon greifen. Wir schauen viel auf den Boden, auf die Anzeige in welchem Stockwerk wir sind, aber nur ganz selten schaut man die Leute im Aufzug ganz gezielt an. Weil es aufdringlich wirken würde auf diesen paar Quadratmetern.
Es gibt aber auch Ausnahmen, Menschen die sofort ein Gespräch beginnen wenn Du hinzukommst oder sie den Aufzug betreten. Ich glaube manche meinen diese merkwürdige Situation mit einem Scherz oder Spruch etwas auflockern zu müssen, da gehöre ich stellenweise auch zu. Konversation auf engstem Raum, Comedy von Etage 1 bis 4.
Ich hab mich die Tage mal selber beobachtet wie ich reagiere wenn ich nicht alleine im Aufzug bin: Ich stehe vorne an der Tür, meine Nasenspitze berührt diese fast, ich habe die Arme vor dem Oberkörper verschränkt. Der andere Fahrstuhlgast steht ganz hinten in der Ecke, auch recht dicht an die Wand gedrückt.
Eigentlich würde man das in der Körpersprache deuten als: “Ich drehe Ihnen den Rücken zu, möchte keine Konversation, ich distanziere mich, bitte lassen Sie uns unsere Privatsphäre aufrecht erhalten.” Der Mensch hinten an der Wand vermittelt mit seiner Haltung eigentlich nichts anderes. Wir sind beide bemüht Distanz zu halten.
Ich war schon fast erschrocken über die Art wie ich dort stand, weil das eigentlich überhaupt nicht meiner Person entspricht.
Im Fahrstuhl ist jedoch u. U. unser “Distanzbedürfnis” unterschritten (hab ich gerade gelesen das Wort, auf sowas dolles wäre ich garnicht gekommen). Aber es stimmt. In einem proppevollen Fahrstuhl kann es durchaus passieren dass uns jemand zu nah auf die Pelle rückt und berührt, nicht weil sie/er es darauf anlegt, sondern weil es die Situation gerade nicht anders zulässt. Uns völlig fremde Menschen durchbrechen unsere kleine Privatsphäre, das fühlt sich seltsam an, eigentlich auch schon fast unangenehm.
Auf den Part mit dem Pups im Aufzug verzichte ich jetzt, wer Phantasie hat kennt diese grausamen Sekunden bis die Tür aufgeht und man wie von der Tarantel gestochen aus der Kabine springt, um Luft ringend.
Wenn ihr das nächste Mal im Aufzug steht, dann achtet mal auf Eure Körperhaltung, wohin Euer Blick geht, und auf die Haltung und die Blicke der anderen. Oder habt ihr im Fahrstuhl schon genau dieselben Erfahrungen gemacht, oder auch gegenteilige? Packt aus Freunde, wir sind hier unter uns. ^^

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