Ich habe eine neue Vorliebe entdeckt: Mit dem Zug fahren. Da taucht man ja in eine völlig neue Welt ein.
Ich finde Autofahren nicht so prickelnd, meine Mitmenschen finden es mittlerweile auch nicht mehr prickelnd wenn ich mein Kfz auf diversen Strassen bewege. Also habe ich jetzt DIE Alternative gefunden, um von A nach B zu kommen (Direktverbindung ist wichtig, versteht sich von selbst, nä?).
Jetzt zieht mal eine Fahrkarte: Der Kracher! Früher gab es ja noch einen Schalter, da hat man dem freundlichen Menschen hinter der Glasscheibe zugenasselt wohin man möchte. Da konnte man auch erfragen wie hin und wie zurück und bekam das alles erklärt bzw. aufgeschrieben. Es sprach jemand mit uns.
Das ist aber heute nicht mehr so, zumindest an den kleinen Bahnhöfen. Kein Schalter – kein freundlicher Mensch – kein rumnasseln: Ein digitalisierter Fahrkarten- und Auskunftsautomat ist da heute für zuständig.
Vor Monaten schon musste ich einer älteren Dame 1x/Woche eine Fahrkarte holen. Und stand total ratlos vor diesem Apparatismus.
Das geht ja alles per Touchscreen. Per Klick auf den Bildschirm kann man eine Fahrkarte kaufen, Fahrmöglichkeiten wählen, Plätze reservieren etc. Ich hab mir am Anfang extrem einen abgebrochen, obwohl ich zur Smartphonegeneration gehöre und damit tagtäglich zu tun habe. Jetzt habs ich`s drauf. Halt nur dann nicht, wenn der Apparatismus den Geist aufgibt. Das war mal der Fall vor langer Zeit. Ich rief dann die Nummer an die da an dem Automaten hinterlegt war, und klagte mein Leid, also dass ich nicht an die Fahrkarte komme. Der Apparatismus bockte extrem, wie so nen Kerl. Auskunft der Dame am anderen Ende war, dass man aber eine Fahrkarte braucht wenn man den Zug besteigt, das ist sonst Schwarzfahren. Es war aber nach 18 Uhr, ich konnte auch nicht mehr ins Reisebüro um eine Fahrkarte zu kaufen. War das ein Drama! Musste ich der älteren Dame erklären wie sie evtl. am nächsten Bahnhof eine Fahrkarte zieht per Touchscreen. Die Generation tut sich damit verdammt schwer, verstehe ich auch. Ich denke, sie mutierte den Tag zur Schwarzfahrerin.
Gestern hatte es mich angeschissen: Der Automat wollte meinen 20 Euro-Schein nicht. Ich hab den 148x in allen möglichen Varianten in den Schlitz geschoben: Nix tat sich. Die Zeit rennt, der Zug kommt gleich, und ich prümmelte mit Schweiß auf der Stirm den 20er da rein, immer und immer wieder. Der sah aus wie die Duplo-Blume am Ende. Mir blieb dann nur die Alternative mit der Bankkarte. Ich hatte so Schiß, dass der Automat die noch auffrißt am Samstag, und ich am Wochenende ohne Bankkarte durch die Republik eiere, weil ich die 10,50 Euro für die Fahrt mit der RB80 Richtung Nordhausen nicht bar zahlen konnte. Der Apparatismus schredderte meine Bankkarte allerdings nicht, ging alles glatt.
Das schöne ist, dass eine männliche Stimme im Zug immer ansagt, welches der nächste Bahnhof ist und auf welcher Seite man aussteigen muss. Ich bin ja so veranlagt, dass ich vor lauter Aufregung die falsche Seite öffne und ins Gleisbett plumpse.
Letzte Woche saß ein Herr neben mir mit einer 0,5 l Flasche Bier. Es war total heiß den Tag, 30 Minuten Wartezeit in einem Anschlussbahnhof, die Klimaanlage ging aus, und ich hatte Brand wie eine tibetanische Bergziege. Ich war kurz davor zu fragen, ob ich für nen Euro mal kurz trinken darf. Ich habs mir dann aber verkniffen, wäre peinlich wenn ich ins Gleisbett stürze und dann noch eine Fackel habe und zudem noch von einem Mann am Bahnhof abgeholt werde. Meint der sicherlich, ich hab nicht mehr alle Latten am Zaun.
Bei der nächsten Fahrt suche ich dann mal die Toiletten im Zug. Ich bin heute vom Bahnhof mit 70 km/h zu meiner Schwester gelaufen, weil ich 1 Stunde nicht auf Klo konnte nach 5 Tassen Kaffee.
Sicherlich auch alles Touchscreen bei der Klospülung im Zug. ^^