Am Dienstag, spät am Abend, las ich auf Facebook ein recht entsetztes Posting eines Bekannten, welcher seiner abgrundtiefen Enttäuschung Luft machte. Ich verstand erst gar nicht, um was und wen es ging. Dachte erst an eine verschmähte Liebe.
Vermutete im ersten Augenblick auch, dass mal wieder ein „Troll“ unterwegs ist, welcher Inhalte großer Seiten quasi mopst und dann als sein geistiges Eigentum verkauft. Die falschen Fünfziger unter den Schriftstellern, die gerne mal zugreifen auf anderen Seiten und das Gestohlene dann mit ihrem Stempel weiterverkaufen. Da wird mein Bekannter immer recht ungehalten. Dem war auch so, nur dass es diesmal um eine große und bekannte Seite ging: Der Poet aka Deno L.
Mein Bekannter, welcher diesen Mann in der Vergangenheit immer verteidigt hatte, wurde nun (wie viele andere auch) angeblich hinters Licht geführt. Mit Texten und Zitaten, welche – so der Vorwurf – nicht aus seiner Feder stammen, sondern per copy + paste von anderen Dichtern/Denkern/Poeten/Bloggern übernommen wurden.
Ich hatte mir auch hin und wieder diese Seite angeschaut, aber ich kann so völlig überzogene Hardcore-Poesie-Texte schwer ertragen. Mir fehlt das Romantik-Gen, mit solchen Texten kann man bei mir so absolut nicht punkten. So viel Gesülze lässt mich erschaudern.
Und dieser Autor, mit mehreren hunderttausenden von Anhängern und Fans, meist weiblich, soll nun ein solches Ding durchgezogen haben? Ein Mann, welcher sich Schriftsteller nennt und schon zwei Bücher auf den Markt gebracht hat? Plus Hörbuch? Die auch noch laufen wie Hulle? Der Poet verhält sich wie ein Prolet? Na das wäre ja echt ein Ding! Ich betone: Wäre.
Der Sache auf den Grund gehen
Ich schaute mir seine anderen Seiten auf Twitter und Instagram an, las die Rezessionen über seine Bücher, suchte auch sein privates Profil auf, und im Laufe des Tages kamen immer mehr negative Verdachtsmomente auf den Schirm. Ich sah auch Screenshots, die scheinbar belegen, dass zwei komplett identische Texte durch das Netz wandern. Von anderen Autoren und von ihm.
Klar darf man Texte übernehmen. Man muss halt nur fragen bzw. die Quelle mit angeben. Das soll der gute Mann aber wohl nicht immer getan haben. Bzw. holt er es nach, wenn man ihn darauf hinweist. Viele brachten ihrem Unmut gestern zum Ausdruck, weil sie ihre Zitate auf seiner Seite wiederfanden.
Diskussion in den sozialen Medien
Unter dem Hashtag #derpoet oder #der_poet_official wird das ganze Ausmaß, über das man dieser Tage spricht und mutmaßt, klar. Mittlerweile wird gemunkelt, dass auch englische Texte recht schlecht ins Deutsche übersetzt und von ihm übernommen werden.
Und ab diesem Zeitpunkt konnte ich die Wut derer verstehen, welche sich betrogen fühlten. Seine Fans, aber in erster Linie die Leute, mit dessen Texten er sich anscheinend verkaufte. So lautet zumindest der Vorwurf in den sozialen Netzwerken. Man kann den Usern von Twitter nur danken, welche durch akribische Recherche dieser Sache auf den Grund gegangen sind und nun diese merkwürdigen Zufälle aufgedeckt haben.
Viele Erklärungen sind denkbar
Nun bin ich nicht doof, also nicht durchgehend, und stelle die These in den Raum, dass zeitgleich mehrere Personen auf dem Sofa sitzen, oder auf dem Küchenstuhl, und haargenau dieselben Gedanken haben und diese auch online teilen. Mit denselben Rechtschreib- und Grammatikfehlern. Kann ja sein.
Ich stelle auch gerne die These in den Raum, dass der Poet nicht wusste, dass man eine Quellenangabe machen muss, wenn man Eigentum anderer Personen teilt. Oder auch, dass man vorher einfach fragt. Das gilt für Texte und Bilder. Denn einige Bilder, welche ich auf seinen Seiten fand, waren bis vorgestern mit seinem Emblem unterzeichnet, eine Quellenangabe fand sich auch bei diesen Bildern nicht. Oder es liegt an meinen alten Augen, dass ich sie nicht fand. Ein poetischer und zudem qualitativ hochwertiger Fotograf also. Kann ja sein.
Ich stelle auch gerne die These in den Raum, dass der Poet auf seiner Facebook-Seite sein Impressum so gut versteckt hat, dass ich einfach zu dämlich bin es zu finden. Bis vorgestern war keins hinterlegt, trotz mehrmaliger Suche. Oder es ist unsichtbar. Oder wurde nachträglich eingefügt. Kann ja sein.
Drei Gründe, über dieses Thema zu schreiben
1) Jeder Blogger, Poet, Lyriker o. ä. macht seine Sache sicherlich mit Herzblut. Und sitzt an seiner Arbeit oft stundenlang, auch tagelang. Nicht hauptberuflich, meist als Hobby. Viele verarbeiten auf diese Art und Weise ihre Geschichten. Dann sind das sehr intime Geschichten. Und natürlich wollen wir (ich zähle mich zu den Bloggern) damit unterhalten, zum denken anregen, zum träumen animieren. Ich jetzt Letzteres nicht so wirklich.
Dann wäre es schon total schlechter Stil, wenn man diesen „Künstlern“ ihre Babys „mopst“ und sich mit fremden Federn schmückt. Daraus vielleicht auch noch Kapital schlagend, während diejenigen mit dem eigentlichen Urheberrecht dumm aus der Röhre schauen und ihre Arbeit so fast zunichte gemacht wird. Das ist allgemein gesprochen.
2) Dem Poeten folgen irrsinnig viele Menschen. In den Kommentarfeldern fliegen Herzen und rote Rosen nur so umher. Und winkende Katzen und Kussmund werfende Hasen und das Gedöns. Der Poet scheint auf einige eine magische Anziehungskraft zu haben. Er suggeriert Verständnis, Feinfühligkeit, Abgeklärtheit, Verletzbarkeit. Kriterien, auf die Frauen und Männer, welche vielleicht nicht gerade auf der Sonnenseite des Lebens stehen, total abfahren. Und diese Leute werden durch solch ein Vorgehen, sollte es sich bewahrheiten, beschissen, anders kann ich das nicht in Worte fassen.
3) Über diese Sache wurde vorgestern auch auf einem Radiosender berichtet. Bei Twitter ja eh, da entstand eine kleine Revolte. Der Moderator des Radiosenders erwähnte, dass er den Poet angeschrieben hatte und um Stellungnahme bat, aber keine Antwort erhielt. Ob das mittlerweile geschehen ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Kann ja durchaus sein.
Wenn an der Vorwürfen nun ein Funken oder auch kein Funken Wahrheit ist, dann kann man doch Stellung beziehen und all die Gerüchte aus der Welt schaffen. Das wäre das Erste, an dem ich interessiert wäre, würde man mir so etwas unterstellen.
Viele unbeantwortete Fragen
Ich konnte sehen, dass er die Werbetrommel noch mehr rührte. Seine Bücher anpries wie warme Semmeln. Mit einer Intensität, die auf mich einen recht verzweifelten Eindruck machte. Wobei die Links bei zwei Buchhandlungen ins Leere liefen. Ob das nun ein technisches Problem war oder das Buch aus dem Verkauf genommen wurde, weiß ich nicht.
Nun ist ja die große Preisfrage, welche Texte in seinen Büchern zu finden sind. Auch identische Zitate aus anderen Quellen? Oder seine? Was ist in dem Hörbuch zu hören? Die Worte aus der Feder eines Users von Twitter? Oder seine? Was hat es mit dem ominösen Film auf sich, der seit Januar 2018 gedreht werden soll? Stoff aus dem englischsprachigen Raum oder seiner? Ich betone: Das stehen Fragezeichen.
„Mopsen wäre unprofessionell und uncool“
Autor oder Schriftsteller darf ich mich dann nennen, wenn ALLE Texte von mir geschrieben wurden. Ich darf dann tolle Bilder zu Artikeln teilen, wenn ich die Quelle angebe bzw. die Erlaubnis des jeweiligen Fotografen habe. Ich darf mit meinen Worten dann Geld verdienen, wenn es auch wirklich meine Worte sind. Und ich darf dann eine Gemeinschaftsseite, eine Website führen, wenn ich ein Impressum habe und somit kontaktierbar bin.
Und von erwachsenen Menschen sollte man verlangen können und dürfen, dass sie ihren Lesern mit Respekt und Achtung gegenübertreten. Auch den Kolleginnen und Kollegen, die eine ähnliche Arbeit machen und schreiben. Jeder macht sein Ding und behält seine Griffel auf seiner Seite. Mopsen wäre unprofessionell und uncool. Das wissen die echten Poeten, Schriftsteller, Blogger allerdings auch.
Werden kritische Beiträge gelöscht?
Was mich an der Sache so stutzig macht? Kritische Beiträge und User werden auf all seinen Seiten relativ schnell gelöscht und blockiert. Ich gehöre auch dazu, also zu den blockierten Usern. Er hat keine Zeit oder Lust für Statements einem Moderator gegenüber, bewirbt aber in genau diesem Moment auf seinen Seiten seine Bücher und Hörbucher. Die Rezensionen bei Amazon sprechen eine deutliche Sprache. Viele seiner Beiträge werden seit vorgestern von seinen Seiten entfernt, also gelöscht. Wohl seinerseits?
Ein Poet, der momentan keiner ist? Fragen über Fragen.
Diese Worte spiegeln natürlich nur meine persönlich Meinung bzw. meine Beobachtungen wider. Für die rechtliche Klärung und alles weitere sind andere Institutionen und Behörden zuständig.