Diskussionen um den After Baby-Body: Ich bekomme bei dem Wort schon Anfälle!

(Quelle Bild: Licya/Pixabay)

Dieser Tage war das Bild von Hana Nitsche (GNTM-Teilnehmerin, ich kannte sie nicht) zu sehen, im Netzschlüppi mit Vorlage, Desinfektionsmittel, Smartphone und einem Kühlakku. Mit noch zu sehendem Bäuchlein. Weil: Sie hatte kurz zuvor ihre Tochter entbunden. Dieses Bild sollte stehen für ein „Zeichen“. Ein Zeichen, dass wir Frauen, welche ein Kind entbinden durften, halt so unsere Probleme mit der ein oder anderen Sache haben unsere Körper betreffend. Dass nicht alles sofort wieder tippi toppi ist nach der Geburt.

Ich bin so froh, dass ich vor 20 Jahren noch kein Handy hatte, kein Facebook, kein Instagram etc., und nicht den Drang verspürte ein Zeichen setzen zu wollen. Und kein VIP bin. Ich kann mich nicht daran erinnern, mich nach der Geburt meines Sohnes für etwas geschämt zu haben. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, mich im Jahr 1998 für eine obstkistendicke Vorlage, eine „Wanne“ und Verstopfung vom Feinsten Rede und Antwort stehen zu müssen/wollen. Weil ich viel zu geflasht war von der Geburt und dem Wunder der Geburt. Und von meinem Sohn.

Ich habe meine 20 Kilo schnell wieder abgenommen, weil der Kurze nur trockenes Brot mit Marmelade vertrug (ich habe gestillt). Von allem anderen hat er gefurzt wie irre und hatte Bauchweh. Getrunken habe ich Fenchel-Tee, Still-Tee, Anti-Flatulenzen-Tee: Das ist der Grund, warum ich Fenchel nicht mehr riechen kann heute, da muss ich echt würgen. 

Ich finde es fast traurig, dass Frauen heutzutage in eine (hoffentlich) ungewollte und (hoffentlich nicht) zensierte Challenge gehen ihre Körper nach der Geburt betreffend. Und sich für etwas rechtfertigen, entschuldigen, erklären oder feiern lassen, was doch eigentlich nebensächlich ist.

Man sah schon Bilder von Frauen, welche erst vor Kurzem entbunden hatten und welche für ihren After Baby-Body schnell wieder mit dem Sport begannen. Sich gesund ernährten. Einige hatten Körper kurz nach der Geburt, wie ich ihn nie besessen habe oder jemals besitzen werde. Weil sie diszipliniert sind. Viel Wert auf ihr Äußeres legen, gerade wenn sie in der Öffentlichkeit stehen. Und vielleicht auch eine Prise gute Gene haben. So what.

Momentan wird Brigitte Nielsen thematisiert mit einem (wie die Presse meint) supertollen After Baby-Body. Sie soll 8 Wochen nach der Geburt der Tochter eine superschlanke Figur haben.

Beim recherchieren für diese Kolumne stolperte ich über Sätze wie:

>>Viele Frauen sind durch das vorherrschende Schönheitsideal verunsichert. Gerade Mütter stehen dann nach einer Schwangerschaft vor der schier unüberwindbaren Herausforderung, möglichst schnell wieder diesem Schönheitsideal zu entsprechen. Deswegen sind ermutigende Worte wie die von Kristen so wichtig.<<

Wer ist Kristen? Kristen ist eine Amerikanerin, sie postete bei Instram Bilder von ihren Dehnungsstreifen und ihrem Bauch, vor und nach der Geburt.

Ihr Statement:

>> „Ich teile dieses Bild mit Euch, um Müttern zu zeigen, dass es keinen Unterschied macht, ob Du dünn bist, Dich richtig ernährt hast oder Sport während der Schwangerschaft machst. Manchmal wächst Dein Bauch so, dass es einfach nicht möglich ist, nach drei Wochen seine alte Figur zurückzuhaben.“<<

>> „Ihr könnt sehen, wie weit sich mein Bauch ausgedehnt hat. Es gibt kein Rennen, wer als erstes seinen alten Bauch zurück hat, liebe Mamas!! Wir werden das schon schaffen.“<<

Für mich ist das alles sehr widersprüchlich. Wenn es mir wumpe ist was andere denken, dann thematisiere ich das nicht. Dann nehme ich in Kauf, dass das Wunder einer Geburt und Schwangerschaft seinen Tribut fordert. Und lerne zu schätzen, dass mein Kind und ich gesund sind. Das ist für mich die Priorität. 

Ich habe mir im Jahr 1998 auch keine Vorlage vor die Stirn geklebt beim Einkaufen um zu demonstrieren, dass Wochenfluss normal ist.

Ich habe mich auch nicht auf einem Schwimmreifen mit Marienkäfern sitzend ablichten lassen um zu demonstrieren, dass man nach einer natürlichen Geburt schlecht sitzen kann.

Ich wurde auch nicht gefilmt in Phasen postnataler Stimmungsschwankungen, wenn ich anders wirkte wie andere und ich nicht mehr ich war. Weil ich grundlos geflennt habe und zwei Sekunden später die Fröhlichkeit in Person war.

Der Artikel um Kristen Sullivan endete mit folgenden Worten:

>> Eine wichtige und wahre Botschaft für mehr Verständnis und Rücksicht im Netz. Letztendlich gibt es wichtigere Dinge im Leben – zum Beispiel die Liebe und Gesundheit unserer Kinder.<<

Genau, im Netz! Im Netz?

Und genau, die Gesundheit und das Leben! Das ist wichtig, und nur das.

Pfeift doch endlich mal auf diesen Druck mit den Schönheitsidealen. Wenn man sich diesem nicht stellt, lebt man wohl bedeutend stressfreier, ruhiger und entspannter. Vielleicht auch die gerade geborenen Kinder.

Man kann Dinge auch kaputt diskutieren. Wir haben teilweise keinen Einfluss darauf was eine Schwangerschaft mit unseren Körpern macht. Viele von uns durften das Wunder einer Schwangerschaft und Geburt erleben. Einige von uns leider nicht oder mit traurigem Ausgang.

Und dann gibt es die, die sich für einen Körper rechtfertigen oder stolz auf ihre Körper sind nach der Geburt. Im Netz wohlgemerkt. Mit Bildern und Statements und sonstigem Pipopa.

Ich werde es wohl nie verstehen.

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