Ich bin heute den 10. Tag zu Hause. Zur Vorsicht bin ich aufgrund einer Erkältung aus dem Verkehr gezogen. Quasi Quarantäne auf eigene Faust. Nur zum Einkaufen war/bin ich unterwegs. Montag geht es wieder zur Arbeit. Das ist auch gut so, ich drehe sonst durch.
Ich bin so abgenervt von mir selbst. Ich könnte ausrasten wenn ich mich im Spiegel sehe und möchte dann rufen:
„Du wohnst hier nur noch, weil Du die Miete zahlst!“
Ich kann so was von gut mit mir alleine sein, ich habe das in der Vergangenheit oft genossen. Aber momentan gehe ich mir selbst auf den Keks. So richtig. Wie oft ich immer als Single der Extraklasse Dinge dachte wie:
„Zum Glück musst Du hier keinem sein Oberhemd bügeln,
„zum Glück bölkt hier keiner herum, dass er jetzt gerne Essen hätte, Erbseneintopf oder so“,
„zum Glück ramentert hier keiner in meinem Bette umher mit einer ganz bestimmten Erwartungshaltung, ihr wisst was ich meine.“ 🙂
Und bei Gott, ich würde jetzt gerne Hemden bügeln, Erbsensuppe kochen und so.
Eine Entschuldigung an meine Freude, welche ich seit Tagen mit mindestens 5-minütigen Sprachnachricht bei Whatsapp überfalle, wäre dann hier auch fällig. Zig Mal am Tag müssen diese meine geistigen Ergüsse ertragen. Teilweise so gehäuft, dass mein Speicher voll ist und ich erst Chatverläufe löschen muss. Und ich erwarte, diese blockieren mich demnächst.
Ich bin zudem so gegensätzlich dieser Tage: Mal heule ich hier rum, dann ereilt mich 5 Minuten später ein hysterischer Lachkrampf, dann heule ich wieder und so weiter und so fort. Was aus den Tränenkanälen läuft, wird konsequent mit Ingwer-Tee aufgefüllt.
Ich danke gerade Leuten wie Oliver Pocher oder auch Kurt Krömer, Wilke Zierden und Udo, die mich mal kurz abschalten lassen und dafür sorgen, dass ich mich für ein paar Minuten abrollen darf vor Lachen.
Die Situation ist nicht einfach, kein Thema. Aber gerade heute war online zu beobachten, dass viele satt sind von den Horrormeldungen und auf ihre Art und Weise versuchen abzulenken. Mit Spielen, mit bunten Bildern, mit Musik.
Mal kurz aufatmen dürfen, es scheint nicht nur mir so zu gehen.
Ich habe einen Fehler gemacht: Ich war zu viel online, habe zu viel gelesen, zu viele Pressekonferenzen geschaut.
Herren wie Volker Bouffier, Markus Söder, Stephan Weil, Armin Laschet und nicht zu vergessen Boris Pistorius sind hier zugegen als wäre ich mit denen zur Schule gegangen.
Ich kann gerade nichts anfangen mit Musikern, welche auf den Balkonen Privatkonzerte geben. Immer wenn ich auf meinen Balkon gehe schaue ich vorsichtig zu den Nachbarn ob sich hier schon einer mit seiner Blockflöte oder Triangel in Position bringt um uns ein 18-stündiges Konzert zu bieten.
Ich reagiere allergisch auf Aktionen wie
-
„wir spielen morgen kollektiv diesen und jenen Song“,
-
„wir klatschen morgen kollektiv am offenen Fenster für diese und jene Berufsgruppe“ etc.
Ich bin gerade satt von diesen gutgemeinten Gesten.
Warum? Darum!
Wenn ich einer Krankenschwester, einer Verkäuferin, einem Intensiv-Pfleger meinen Dank bzw. Respekt ausdrücken möchte, dann sage ich es diesen Menschen persönlich. Ich sage nicht
„Danke“,
ich sage:
„ihr macht einen tollen Job“,
„haltet durch“,
„ruhige Schicht und einen schönen Feierabend“.
Dieses der Situation angemessen und von Herzen kommend. Persönlich ausgesprochen.
Es sind nicht alle von denen online unterwegs, viele haben kein Facebook etc.
Dieses gerade viral gehende Video von „Halleluja“ auf die Ausgangssperre bezogen finde ich deplaziert. Das ist nur meine Meinung. Da versucht wohl jemand Likes zu erhaschen, mehr ist das für mich nicht.
Als ich gestern auf dem Sofa lag, wabbelte einer auf meinen Wangen herum und sagte:
„Du wirst alt!“
Wie egal mir das ist gerade.
Und glaubt mir eines:
Ich habe mir zu Aufgabe gemacht mich auf den Tag zu konzentrieren, an dem wir alle wieder aus der Ausgangsbeschränkung dürfen, an dem wir wieder unsere Freunde sehen, sie in den Arm nehmen dürfen, an dem alles wieder so ist wie es war.
Der Tag an dem die Innenstädte, die Kneipen/Restaurants, Geschäfte wieder da sind und ganz wichtig: An dem Corona zwar noch präsent ist, aber im Griff.
Darauf freue ich mich gerade sehr. Bleibt gesund. ^^