Der Fall des 104-jährigen australischen Botanikers David Goodall macht schon seit einiger Zeit die Runde. David Goodall ist in die Schweiz gereist, um seinem Leben durch Sterbehilfe ein Ende setzen zu dürfen. Weil er sein Leben, mit zunehmendem Verlust der Seh- und Hörkraft sowie anderen, der Altersschwäche zugrunde legenden Beschwerden, nicht mehr weiterführen wollte.
Gestern war dann der Tag, an dem sein Wunsch mit Hilfe einer Sterbehilfeorganisation in Erfüllung ging. Ich persönlich kann diesen Wunsch nachvollziehen.
Sicherlich haben einige von uns schon über dieses Thema nachgedacht. Ob wir irgendwann aufgrund von Krankheit oder einem Unfall in die Situation kommen könnten, das Leben nicht mehr als lebenswert zu empfinden. Dass dann der Tod eine Erlösung ist. Wenn Dinge die das Leben definieren, nicht mehr möglich sind. Bewegung, Hören, Sprechen, Sehen, Essen, Trinken usw. Wenn man darüber nachdenkt, dass man nach einer Erkrankung wie einem Schlaganfall z. B. nicht mehr in der Lage ist zu Laufen, wenn man über Sonden ernährt werden muss etc. Wenn man nichts mehr alleine bewerkstelligt kann. Wenn man „platt auf dem Laken liegt“, und klar ist, dass sich an diesem Zustand nichts mehr ändern wird, die Prognose eine schlechte Prognose ist.
Die Vorstellung beispielsweise nach einem Unfall von jetzt auf gleich ein Pflegefall zu werden, nicht mehr Herr über seinen Körper zu sein aber fit im Kopf, ist für mich ein furchtbarer Gedanke. Zu ahnen, dass man für die nächsten Jahre vielleicht in eine Einrichtung umziehen muss, welche die Versorgung gewährleistet. Weil niemand da ist, der sich 24 Stunden kümmern könnte und wollte. Seine eigenen vier Wände aufgeben, seine Privatsphäre. Für mich ein schlimmer Gedanke. Weil dann genau das, was mein Leben ausmacht, nicht mehr da ist. Ich kann über diese Thematik nur mutmaßen, vielleicht würde ich es im Fall der Fälle völlig anders sehen.
David Goodall, den ich in einem Interview sah, war geistig noch total auf der Höhe. Um Sterbehilfe zu erhalten, wird man zweimalig auf seine freie Willensäußerung getestet. Ob man diese im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte tätigte. Das konnte ihm attestiert werden. So stand der Entscheidung nichts mehr im Weg. Er sagte in einem Interview, er freue sich auf seinen Tod. David Goodall hatte sicherlich ein mehr als erfülltes Leben. Zum einen ist das Erreichen dieses Alters schon eine Seltenheit. Aber noch so klar bei Verstand zu sein, nicht weniger. Er wäre gerne in seiner Heimat gestorben, das erwähnte er noch.
Das Thema Sterbehilfe ist ein schwieriges und oft diskutiertes Thema. Ein wenig kurios und unheimlich wenn man im Vorfeld weiß, wann sein Leben beendet wird. Nach Termin quasi. Und sich vielleicht noch von all seinen Lieben verabschieden kann bzw. muss. David Goodall hatte in den letzten Tagen noch seine Familie um sich. Seine Enkelkinder sollen bei ihm gewesen sein als die tödliche Infusion in seinen Körper lief.
Auch ich vertrete die Meinung, dass jeder selber darüber bestimmen dürfen sollte ob sie oder er seinem Leben/Leiden ein Ende setzen möchte, aus welchen Gründen bzw. mit welchem Hintergrund auch immer. Wir haben schließlich auch nicht mit entschieden, ob wir geboren werden möchten. In Gesprächen hat man hier da und da sicherlich schon über dieses Thema gesprochen, und vielleicht auch hier und da den Wunsch geäußert, dass man im Fall der Fälle abtreten möchte. Zumindest sind meine Freunde im Bilde meinen Wunsch betreffend.
Ich möchte auch nicht am Leben erhalten werden durch Maschinen und Apparate, gerade wenn es keine Chance auf Besserung/Heilung meines Zustandes gäbe. Das ist allerdings ein anderes Thema, und zumindest diesem Drama könnte ich mit einer Patientenverfügung umgehen.
Makaber, dass ich etwas erleichtert war zu lesen, dass der Wunsch von David Goodall gestern erfüllt wurde.