Der Schluss-Akkord beim „Club der roten Bänder“

Als am Montag die letzten Szenen über den Bildschirm flimmerten und sich der „Club“ um das Grab von Leo versammelte, waren sicherlich viele Zuschauerinnen und Zuschauer in Tränen aufgelöst. Auch ich.

Wenn die letzten Meter meiner Meinung nach vielleicht stellenweise zu theatralisch wirkten, war es für alle Fans auch ein Abschied von vielen Folgen einer der besten Serien, die jemals nach einer wahren Begebenheit gedreht wurde. Und ich hoffte so sehr, Benito holt Leo ab, das wäre echt mein Wunsch gewesen.

Ich spreche sicherlich nicht nur für mich, wenn ich behaupte, dass man beim Zuschauen auch automatisch an Schicksale aus den eigenen Reihen der Familie, Freunde und Bekannten dachte. Der Tod oder die schwere Erkrankung eines Menschen den wir kannten/kennen, und dessen Geschichte uns auch nach langer, langer Zeit noch nicht loslässt. Wenn überhaupt. Das habe ich am Montag bemerkt, als sich die Bilder auf VOX mit meinen Erinnerungen vermischten. Wahrscheinlich war auch das ein Teil des Erfolges dieser Serie: Es war aus dem Leben gegriffen.

Auch Schauspielern fiel der Abschied schwer

Manchmal, wenn man selbst nicht so auf der Höhe war, warum auch immer, war das schauen vom Club der roten Bänder anstrengend, bzw. blieb an diesen Tagen der Fernseher aus oder es wurde ein anderes Programm geschaut. Die Serie war harte Kost, welche man nicht immer verdauen konnte. Ganz zart besaitete Menschen taten sich sicherlich schwer. Einige meiner Bekannten haben es nie geschaut, weil ihnen die Erzählungen schon Angst machten. Wie im wahren Leben auch, verarbeiten wir solche Dinge sehr unterschiedlich. Der eine kann sich gut distanzieren, die andere geht am Leid Außenstehender kaputt.

Anhand der Interviews und den Statements der Schauspieler hinterher konnten wir alle erahnen, wie sehr sie mit ihrer Rolle verwachsen waren, und wie schwer auch für sie das Abdrehen bestimmter Szenen war. Die Tränen von Luise Befort haben mich unheimlich gerührt nach dem finalen Schlussstrich. Man ahnte, wie sehr die drei Jahre des Drehens und der Kontakt zu den anderen Schauspielern/dem Team zusammengeschweißt haben. Und dass auch ihr der Abschied schwer fiel, vielleicht auch das ein oder andere „verarbeiten“ müssen. Man muss bedenken, es waren recht junge Schauspielerinnen und Schauspieler, welche harte Kost umsetzen mussten.

„Ich konnte mich nicht trennen“

Als sich die Crew um das Aufnahmeteam beim Dreh auf dem Friedhof wegdrehte, damit die Schauspieler unbeobachtet den „Schluss-Akkord“ spielen konnten, fand ich dieses sehr beeindruckend.

Die Reportage danach war nicht weniger heftig. Ich wollte ins Bett, konnte mich aber von den Menschen und Geschichten nicht trennen. Weil man auf Personen traf, die dem Tod nahe waren oder sind. Das wirkt so surreal.

Die Begegnung des jungen Mädchens Rinah, 15 Jahre alt, mit ihrer Mama und ihrer Schwester mit genau der Frau, die ihr Stammzellen spendete und so für ihre Gesundung sorgte, war ebenfalls ein Gänsehautmoment. Generell gleicht es beinahe einem kleinen Wunder, wenn genetische Zwillinge ihrem anderen Zwilling das Leben schenken, auch über Kontinente hinweg. Diese Menschen sind sich nie begegnet und wären sich sicherlich nie begegnet, gäbe es die Datenbank nicht.

Es trifft nicht nur die anderen

Am Fall der Viola, welche anscheinend nicht mehr gesund wird, wurde deutlich, was es für die Angehörigen bedeutet. In diesem Fall für die Mutter. Während die kranke Tochter beinahe alles ohne Zensur bespricht und ausspricht, auch darüber bloggt, ist die Mutter eher die, die sich damit anscheinend teilweise überfordert fühlt.

Mit dem Schicksal gehen wir alle absolut unterschiedlich um, und deshalb fällt das „miteinander arrangieren“ sicherlich oft schwer. Auf Blogger, welche über ihre Krankheiten offen sprechen, trifft man oft in den sozialen Netzwerken. Wiederum andere sprechen so gut wie nie über ihre Erkrankung.

Wir meinen oft, dass es immer nur andere trifft, nicht uns und auch nicht unsere Liebsten. Weit gefehlt. Man kann nichts tun, selten helfen, man steht hilflos und erschüttert daneben. Man weiß nicht, wie man sich verhalten soll. Gerade dieses „nicht ändern können“ macht uns so ohnmächtig.

„Darsteller waren uns schnell ans Herz gewachsen“

Beim Club der roten Bänder hatte man oft das Verlangen, imaginär das Drehbuch ändern zu wollen. Die Darsteller waren uns schnell ans Herz gewachsen, man litt mit. Wie der kleine Hugo aus der Nachbarschaft und die Emma aus dem Sportverein.

Dieses Sendeformat hat einen großen Teil der Zuschauer auf dem emotionalen Fuß erwischt. Was eigentlich ein positives Zeichen ist in unserer schnelllebigen, digitalisierten Welt. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass VOX es schafft, montags so viele Menschen vor dem Fernseher zu versammeln, die schon vor 20.15 Uhr die Taschentücher in die Sofaritze steckten. Weil sie wussten, dass man sie brauchen wird.

Krebs ist ein unfairer, mieser Gegner

Abschließend ziehe ich schon seit recht langer Zeit meinen Hut vor den Frauen und Männern, welche es sich zur Aufgabe machen, für diese Menschen da zu sein. Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger, ehrenamtliche Damen und Herren im Hospiz, die Angestellten der Kinderkrebs-Stationen usw. Wie sagte eine Onkologin erst vor ein paar Tagen in einem Interview ihren Job betreffend, in dem sie vielen Menschen dramatische Nachrichten mitteilen muss:

Wichtig ist, dass man den Menschen die Wahrheit wie einen Mantel hinhält – so, dass sie nur noch hereinschlüpfen müssen.

Wie man kann all das ertragen Tag für Tag. Es ist mir persönlich ein Rätsel. Auch Feuerwehrleute, Rettungssanitäterinnen, welche Tag und Nacht genau dann an Ort und Stelle sind, wenn das Schicksal zuschlägt. Die Schlimmeres verhindern, für die Betroffenen da sind, das Übel abzuwenden versuchen und es oft schaffen. Auch dann, wenn sie selbst an ihre Grenzen kommen.

Nicht nur Krebs ist ein unfairer, mieser Gegner. So wie viele andere Krankheiten auch, das Schicksal inbegriffen, welche(s) dem Kampf und den Menschen von vorneherein keine Chance geben.

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„Stimmungsmacher“ hinter Comic-Bildern versteckt.

Als ich vorhin gelesen habe, dass z. B. auch Simone Thomalla ihren Account hier bei Facebook löschen will,  wegen Beleidigungen bis hin zu Drohungen, kam ich etwas ins grübeln. Sie bemerkte ebenfalls, dass viele üble Äußerungen von Menschen kommen, die sich hinter Profilbildern a lá Hund, Katze, Maus verstecken oder anderen Bildern, welche den User nicht klar zu erkennen geben. Von weiteren Angaben ganz zu schweigen. Trolle eben. Trolle, welche sich der Anonymität bedienen und ganz groß mitmischen. Ob es sich nun um eine Frau Thomalla oder eine Frau Müller oder einen Herrn Schmidt handelt: So was geht eigentlich gar nicht! Auch mir ist schon aufgefallen beim mitlesen auf anderen Seiten, dass richtig ätzende Statements von Leuten kommen, die sich hinter Comiczeichnungen als Profilbild verstecken, keine Angaben im Profil ihrer Person bezogen haben. Ich nenne das schlicht und ergreifend feige.

Facebook ist für mich eine ganz tolle Sache, gerade auf meine Schreiberei bezogen. Gäbe es Facebook nicht, dann gäbe es wahrscheinlich auch diese Seite nicht. Ich kann mich noch glücklich schätzen eine recht „kleine und sympathische Runde“ an Leuten zu haben, die hier mit mir kommunizieren und scherzen.

Ab und an erreichen auch mich per Email böse Worte, oder aber auch auf anderen Seiten, auf denen meinen Artikel geteilt wurden. Und ich stelle hin und wieder fest, dass sich viele nicht die Mühe machen alles zu lesen, sondern nur die Überschrift und ein paar weitere Sätze, um dann richtig welche vom Stapel zu lassen. Sie haben nicht im Ansatz verstanden was ich sagen wollte, weil sie zu faul waren alles zu lesen.  Oder vielleicht einfach nur schlecht gelaunt sind. Das kenne ich von mir zugegebenermaßen auch, dass ich dann nicht sonderlich nett unterwegs bin und lieber die Klappe halten sollte/die Tastatur in Ruhe lassen. 

Wer seine Meinung kundtut, muss mit Gegenwind rechnen, wir ticken alle verschieden. Das ist auch gut so. Manchmal erweitern die Stellungnahmen anderer unseren Horizont, bzw. denkt man in eine andere Richtung. So weit – so gut.

Ich bin ganz klar der Meinung, dass jeder, der sich hier anmeldet, erkennbar sein muss. Ob nun mit Bild oder Profilangaben welche diese Person identifizieren. Dann würde sich die/der ein andere andere wahrscheinlich seine Lospolterei 3x überlegen. Schlimmer finde ich allerdings auch die stellenweisen Drohungen, Verleumdungen etc. Was man hier bei Facebook manchmal liest, spottet jeder Beschreibung. Diejenigen, die sich nicht an die Nettiquette halten, gehören sofort gelöscht. Das geht doch bei anzüglichen Bildern teilweise auch recht schnell (nicht immer, aber immer öfter).

Bin ich Gastgeber und jemand meint meine Gäste beleidigen zu müssen oder gar zu bedrohen, dann würde ich den Störenfried vor die Tür setzen. Und nicht mit ansehen, wie die geschädigte Person ihre/seine Jacke nimmt und geht.

Und wer nicht in der Lage ist zu diskutieren, weil sie/er sich nicht die Mühe macht sich richtig zu informieren, aggressiv wird oder Fehlinformationen verbreitet, gehört auch vor die Tür gesetzt.

Wie ich vorhin wieder lesen konnte, vermischen viele mehrere Meldungen miteinander, machen sie nicht mal die Mühe der Recherche, hauen aber welche raus und haben nicht gerafft, dass sie sich gerade ziemlich blamiert haben mit ihren dummen Statements. Das sind leider nicht selten die „Stimmungsmacher“, die für weitere Eskalationen sorgen.

Aber gut, wir sind hier freiwillig, nutzen es kostenlos, werden zudem natürlich auch unterhalten, positiv unterhalten. Ich zumindest. Dann muss ich persönlich auch mit den „Trollen“ leben. Wie jede(r) von uns. Hilft ja alles nix. ^^

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Positiv gegen negativ

Gedanken in Uslar: Wieso glauben wir eigentlich, dass wir unser Glück überhaupt nicht verdient haben?

Wie kommt es eigentlich, dass wir Unglück oder Hiobsbotschaften in unserem Leben mehr erwarten als Glück und tolle Neuigkeiten? Wieso sehen wir negatives selbstverständlicher als positives? Warum meinen wir, dass nach Sonne sofort Regen folgt? Ist es normal, dass wir meinen, Glück nicht verdient zu haben? Fragen über Fragen.

Der Grund für diese Fragen ist folgender: Seit Jahren schon beobachte ich, dass sich viele von uns über tolle Neuigkeiten kurz freuen und dann sofort der Meinung sind, dass der nächste Griff ins Klo nicht lange auf sich warten lässt.

Erfahrungen aus der Vergangenheit

Wir warten und warten und warten. Weil man diese Situation im Leben schon oft erlebt hat. Eine positive Sache war da, drei negative folgen. Was zur Konsequenz hat, dass man sich selbst als Grund dafür sieht. Nicht etwa die Verkettung gerade ungünstiger Umstände. Die einfach so passieren ohne uns ab watschen“ zu wollen.

 Grund dafür sind sicherlich oft Erfahrungen aus der Vergangenheit. Zum Beispiel die Bekanntschaft zu Menschen, von denen man sich viel versprochen hatte, die einem viel bedeuteten, die sich aber hinterher als falsche Fünziger herausstellten. Gerade auch im Bezug auf Partnerschaften.

Der finanzielle Engpass, welcher uns gerade etwas Ruhe bietet aber wieder ins Verderben führt, weil man gewisse Rechnungen oder Zahlungen nicht erwartet hat. Weil die Nebenkostenabrechung ins Haus flatterte oder die Waschmaschine kaputt ging.

Berufliche Werdegänge oder neue Perspektiven, die vielversprechend sind und sich gut anfühlen, die aber ins Wanken geraten könnten. Für die wir die Sicherheit aufgaben. Das ist das Leben und ein gewisses Risiko gehört immer dazu.

Negatives bleibt länger haften als positives

All das vergisst man aber nicht, zumindest nicht sofort. Und all das zieht sich wie ein roter Faden durch unser Leben. Negatives bleibt länger haften als positives. Und wir geben uns die Schuld dafür.

Wir nehmen nicht selten schlimme Dinge wie selbstverständlich an aber schöne Dinge hinterfragen wir. „Habe ich das verdient?“ „Womit habe ich das verdient?“ „Welchen Preis muss ich später dafür zahlen?“ So nehmen wir uns die Chance, in eine andere Richtung zu denken.

Mir wurde diesbezüglich mal der Kopf gewaschen. Er hat mir erläutert, dass mich nichts schönes erwarten kann, wenn ich immer nur das Schlimmste befürchte. Das lässt sich aber nicht von heute auf morgen abstellen, man muss das quasi üben.

Ich persönlich kenne so viele Menschen, die auf mich positiv wirken, aber auch auf der „Negativ-Schiene“ fahren. Tolle Menschen, die mich total beeindrucken, einen super Weg hingelegt haben und noch weiter hinlegen, ihren Weg einfach gehen.

Die einen tollen Charakter haben, charismatisch sind und sich wahrscheinlich einfach nur selber im Weg stehen. Wie so viele von uns. Wir müssen lernen, das Positive im Fokus zu haben und daran festzuhalten.

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Man altert nicht immer in Würde

Gedanken aus Uslar: Man altert nicht immer in Würde – Warum der Gang des Lebens manchmal schmerzt.

Es versetzt sicherlich vielen von uns einen Stich ins Herz, wenn wir beobachten bzw. akzeptieren müssen, dass unsere Eltern aufgrund von Krankheit oder Altersschwäche immer weniger Herr über ihre Sinne und ihren Körper sind.

Wenn wir mit anschauen, wie die ersten Gebrechen Einzug halten, das Register der Diagnosen immer länger wird. Wenn wir uns bewusst werden, dass es bergab geht mit der Eigen-und Selbstständigkeit von Mutter und Vater.

Immer mehr müssen wir Kinder helfen, einspringen, zur Seite stehen, klären, begleiten und auch pflegen wenn wir in der Nähe unserer Eltern sind und es unsere Zeit erlaubt.

Wenn der Alltag zum Kraftakt wird

All das zu akzeptieren tut weh. Wenn die ersten Hilfsmittel wie Einhandstöcke oder Rollatoren im Flur stehen. Wenn Toilettensitzerhöhungen oder Badewannenlifter im Haushalt integriert werden müssen.

Wenn das An- und Auskleiden schwer fällt. Wenn das Essen und Trinken zu einer Tätigkeit wird, die für unsere Eltern mit viel Kraftaufwand verbunden sind. Wenn das Gehör nachlässt, die Sehkraft, die Mobilität.

Rollentausch

Es ist für ältere Menschen nicht selten peinlich, wenn die Zeit kommt – ob nur vorübergehend oder für immer – zu der Windelhosen und auch Lätzchen zur Garderobe gehören. Weil ohne all das vieles nicht mehr funktioniert.

Sicherlich sind diese Hilfsmittel eine enorme Erleichterung, etwas Gutes. Trotzdem ist es für uns Kinder nicht selten schwer zu ertragen. Es wirkt so entwürdigend.

Gerade dann, wenn uns klar wird, dass Mutter und Vater in unserer Kindheit ihre Frau/ihren Mann standen, uns umsorgten, uns großzogen, uns die Dinge beibrachten, zu denen sie heute nicht mehr in der Lage sind. Dann wirkt das alles so verrückt, so verkehrt, so bizarr. Wir tauschen die Rollen, versuchen z. B. die Menschen beim Laufen oder Essen zu unterstützen, die uns genau dieses beigebracht haben.

Die Mutter in Windeln zu sehen, den Vater nach dem Essen den Mund zu säubern – all das fühlt sich teilweise hilflos an. Hilflos deshalb, weil diese Menschen so lange Zeit unsere Basis waren, unsere Säulen. Immer für uns da. Bemüht uns viel beizubringen. Immer unser Bestes wollend. Lange Zeit verantwortlich für uns. Und schleichend, oder von jetzt auf gleich, tauschen wir die Rollen.

Gang des Lebens hinterlässt Spuren

Sicherlich ist das der Gang des Lebens. Aber diese Wende geht nicht an jedem spurlos vorbei. Wenn wir als Kinder krank waren, dann litten unsere Eltern mit uns mit. Nun leiden wir mit unseren Eltern mit, wenn wir sehen, dass vieles nicht mehr so leicht fällt bzw. nicht mehr möglich ist.

Sind unsere Eltern geistig noch fit, ist ihnen vieles unangenehm. Gerade dann, wenn sie unsere Hilfe brauchen. Das tut doppelt weh. In solchen Phasen haben wir oft Bilder aus Kindertagen vor Augen. Erinnern uns daran wie es einmal war und nie wieder werden wird. Das ist ein kleiner Abschied für uns und auch unsere Eltern.

Das kleine Kind, welches von der Mutter den Schlafanzug angezogen bekommen hat, hilft genau dieser Mutter ins Nachthemd.

Das kleine Kind, welches einen starken Vater an seiner Seite wusste, muss nun diesem Vater eine starke Schulter sein.

Das kleine Kind, welches die Eltern als immer funktionierende Menschen sah muss nun einsehen, dass sie nicht mehr funktionieren aus einer Selbstverständlichkeit heraus.

Oftmals fühlen wir uns beschämt

Wenn sich ein Vater bedankt, weil wir ihm beim Essen halfen, beschämt uns das.

Wenn sich eine Mutter entschuldigt, weil ihr ein Missgeschick passierte und wir ihr halfen, beschämt das nicht weniger.

Wenn wir selber schon Eltern sind, vielleicht auch Großeltern, denken wir ab und zu darüber nach, wie es uns ergeht. Wer sich um uns kümmert, ob wir unseren Kindern gegenüber dieselbe Scham an den Tag legen.

Nicht jeder von uns beobachten all das, denn viele verloren ihre Eltern schon viel früher. Oder lernten sie nie kennen bzw. haben keinen Kontakt mehr. Dafür gibt es sicherlich Gründe.

Nicht jeder von uns betrachtet all das mit Emotionen, sondern als Werdegang, den das Leben so mit sich bringt.

So ist das Leben, so war es schon immer und so wird es immer sein.

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Hallo, I bims, so vong Kolumne her.

Das Jugendwort 2017 wurde kürzlich aus insgesamt 30 Vorschlägen von einer 20-köpfigen Jury auserwählt. Ich staunte nicht schlecht. Diesen „I bims“ und „vong“ Kladderadatsch kenne ich auch, aber eher aus den Welt der sozialen Netzwerke.

Dort begegneten mir eine Zeit lang tagtäglich diverse Sprüche, welche diese Ausdrücke beinhalteten, gerne auch gepaart mit anderen Rechtschreibphänomen so vong Fehlern her. Ich fand das anfangs auch zum Schreien komisch.

Es ist ein Jugendwort, heißt, dass ich alte Schachtel diese Worte weniger nutze und kenne – ich bin ja keine Jugendliche. Obwohl ich hier jemanden dieser Gattung beherberge, quasi eine Wohnung mit ihm teile, habe ich beide Worte noch nie ausgesprochen gehört. Weder hier noch beim Einkaufen noch in der Kneipe, noch bei sonstigen Begegnungen mit jungen Leuten.

Von daher kann ich da weniger drüber richten und auch berichten. Nach etwas Recherche durfte ich in Erfahrung bringen, dass beide Ausdrücke keine Bedeutung haben – es ist eine andere Ausdrucksweise für „ich bin`s“. Puh, Glück gehabt. Bei diversen anderen Jugendworten unterstellte man mir hin und wieder Dummheit, z. B. weil ich echt nicht wusste, was ein „Babo“ ist. Herrgott, ja, ich bin ja nun auch nicht mehr die Jüngste.

„Geht fit“ stand noch zur Auswahl, da dachte ich mir schon, dass es in die Richtung geht a là „geht steil“, „geht klar“, „aller Roger“ etc.

Bei „napflixen“ stand ich auf dem Schlauch. Bedeutet so in etwa, dass man während eines Filmes einschläft. Passiert mir jeden Freitag, ich schaffe nicht eine Serie und verpenne alles, bis ich am nächsten Morgen mit laufendem Fernseher und verspanntem Nacken aufwache. Wenn es ganz übel lief, dann noch mit Schuhen an. Allerdings vor dem Fernseher, Netflix und das Gedöns hat hier noch keinen Einzug gehalten.

  • 2016 gewann „fly sein“. Ich flye extrem ab bei Musik aus den 80er Jahren z. B.
  • 2015 siegte „Smombie“: Jau, ich bin auch eine(r).
  • 2014 war es „läuft bei Dir“. Nun ja, höre auch ich noch heute aus dem Mund von Menschen der Ü-40-Fraktion.
  • 2013 war es mein Freund, der „Babo“.
  • 2012 lag „Yolo“ vorne. You only live once. Wäre ich im Traum nicht drauf gekommen.
  • 2011 war „Swag“ dran. Jemand mit einer coolen Ausstrahlung. Aha. Ach so. Na dann.
  • 2010 räumte der „Niveaulimbo“ ab. Ach Herrje, aktueller denn je dieser Ausdruck.
  • 2009 „hartzte“ das Jugendwort. Als Synonym für „abhängen“ bzw. arbeitslos sein. Dazu sag lieber weniger, schon etwas respektlos.
  • 2008 die „Gammelfleischparty“. Da fühle ich mich extrem gemobbt, das glaubt mal. Also bitte, etwas mehr Contenance bitte uns Alten gegenüber. Ist ja furchtbar. Huch.
Seit 2008 gibt es das Unwort des Jahres, ins Leben gerufen vom Langenscheidt-Verlag.

Ich wäre ja alternativ für eine „Seniorenwort“ des Jahres, also lasst doch mal uns Alten auspacken wie wir kommunizieren so vong Slang her. I bims in der Jury dann gerne dabei.

Nur bitte nicht an einem Freitagabend treffen, da napflixe ich ewig so als Babo weil ich dann hartzen darf. Samstags geht auch nicht, da tanze ich als Swag den Niveaulimbo. Und sonntags bin ich als Yolo unterwegs, ich muss auch mal irgendwann fly sein. Geht fit bei euch oder was?

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„Du bist verrückt mein Kind, du musst nach Berlin“

Fernweh nach der Hauptstadt

„Du bist verrückt mein Kind, du musst nach Berlin“ – Dieses Zitat von Franz Suppè passt zu mir, denn ich habe mich vor nicht allzu langer Zeit in einer Stadt verliebt. Diese Stadt heißt Berlin. Kurios ist, dass ich ganz lange Zeit der Meinung war, niemals Berlin aufsuchen zu wollen. Weil ich etwas Angst hatte.

Grund dafür war der Film „Christina F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“. Diesen Film hatten wir in der Schule geschaut, und mich hat er als Jugendliche vom Dorf total geschockt. Dieser Film ist auch der Grund dafür, weshalb ich niemals auch nur darüber nachdachte, Drogen zu konsumieren. Es war ein abschreckendes Beispiel, und das hat bis heute angehalten. Nichtsdestotrotz eine Geschichte, die ich immer wieder schauen könnte. Der Song von David Bowie, „Heroes“, hat sich in mein Herz und Hirn gebrannt.

Dann lernt man einen Berliner kennen, der so dermaßen von dieser Stadt schwärmt, dass man doch über eine Stippvisite nachdenkt. Dann hat man den Mauerfall, welchen damals man vor dem Fernseher verfolgte, vor Augen und ist im nachhinein schwer beeindruckt von diesem historischen Moment. Erst Jahre später, nicht im aktuellen Moment.

„Ich habe zwei Tage lang alles aufgesogen“

So kam es zu meinem ersten Besuch in der Hauptstadt. Ich habe zwei Tage lang alles aufgesogen, was ich sah und wahrnahm. Wir sind kilometerweit und stundenlang durch die Stadt gelaufen, ich war weder müde noch kaputt, sondern bekam den Mund nicht mehr zu und war fasziniert. Ich stehe zudem unglaublich auf die Aussprache der Berliner, da könnte ich stundenlang zuhören.

Man sagte mir einmal, dass ich total gut zu diesen Menschen bzw. in diese Stadt passen würde, da auch ich ein etwas lockeres Mundwerk habe und neuen Bekanntschaften gegenüber recht offen bin. Das war vielleicht auch mit der Grund, weshalb wir vor einer Kneipe saßen, in der Live-Musik gespielt wurde, und kurze Zeit später mit den Jungs dieser Band die Nacht zum Tage machten.

Eine Stimmung, die nicht zu beschreiben war

Leider war ich erst drei Mal als Touristin dort, habe lange nicht alles gesehen, was ich sehen wollte. Mich zieht es aber immer wieder ins Kanzlerviertel, für mich sehr beeindruckend. Viele typische Ausflugsziele, wie den Checkpoint Charlie, habe ich schon aufgesucht. Noch nie habe ich mich mit der Geschichte dieser Stadt vor dem Mauerfall so beschäftigt.

Bei meinen drei Besuchen in Berlin waren nie Events geplant, einfach nur ein Wochenende in dieser schönen Stadt. Bei unserem ersten Besuch trafen wir auf Hannelore Hoger, welche gerade am Bahnhof drehte. Sicherlich für „Bella Block“. Beim zweiten Besuch trafen wir am Brandenburger Tor auf die Crew der „Küstenwache“, zudem war Tag der offenen Tür im Kanzleramt und bei der ARD.

Fernweh nennt man das

Beim dritten Besuch fand gerade der Terroranschlag in Frankreich statt und wir nahmen eine Stimmung vor der französischen Botschaft auf, die nicht zu beschreiben war und eine permanente Gänsehaut auslöste. Viele sprachlose Menschen vor einem Blumenmeer stehend. Unsere Staatsfrauen und Staatsmänner in ihren schwarzen Limousinen vor die Botschaft fahrend.

Vor zehn Jahren hätte ich nicht gedacht, dass ich mal ein paar Tränen verdrücke, wenn ich nach einem tollen Wochenende Berlin wieder verlassen muss. Fernweh nennt man das sicherlich. Und jetzt mal unter uns: So ein Berliner Mann würde sich unglaublich gut machen an meiner Seite. Zwinker.

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Club der roten Bänder: Wow!

Lange Zeit wusste ich echt nicht um was es ging wenn ich mitbekam, dass viele „Club der roten Bänder“ schauen. Ich dachte es handelte sich um ein neues Castingformat. Als ich eines Abends bei meiner Schwester im Wohnzimmer saß, lief nebenbei eine Sendung, die mich recht schnell fesselte: Es war der „Club der roten Bänder“. Von diesem Tag an war auch ich ein Fan. Leider hatte ich alle vorangegangenen Folgen verpasst. Zum Glück wurden diese aber recht zeitnah wiederholt.

Serien sind überhaupt nicht meins. Mit Ausnahme dieser Serie. Gerade im Hinblick darauf, wie es zur Verfilmung kam. Durch den Autor Albert Espinosa und seine „Geschichte“.

Absolut tolle Nachwuchs-Schauspieler, eine aktuelle Thematik, der Krankenhausalltag sehr gut wieder gegeben. Ob es um Krebs geht, Essstörungen oder andere Erkrankungen: Im Club der roten Bänder wird dieses real dargestellt. Mit all den Problemen, von denen betroffene Patienten und auch deren Familien heimgesucht werden.

Das Thema „Koma“ wurde auf eine Art und Weise aufgegriffen, wie ich noch nie darüber nachgedacht hatte. Die Zwischenwelt, in der man gefangen ist. Diese Thematik hatte es mir ganz besonders angetan, weil ich mir darüber schon oft den Kopf zerbrochen habe. Also darüber, was Koma-Patienten mitbekommen oder auch nicht. Hugo Krüger, gespielt von Nick Julius Schuck, stellt dieses schonungslos dar. Exzellent gespielt.

Nach ein paar Folgen hat man als Zuschauer das Gefühl, man ist Besucher in diesem Krankenhaus, und kennt alle Beteiligten persönlich. Man hofft mit, man weint mit, man freut sich mit. Am letzten Sonntag, als die Folgen wiederholt wurden ab 9 Uhr, habe ich wirklich 6 Stunden lang alle Folgen geschaut. Und erwischte mich weinend auf dem Sofa sitzend. Gerade beim Tod von Alex Breidtbach. Diese Rolle war ebenfalls brillant besetzt und dargestellt von Timur Bartels.

Die Rollen von Jonas Till Neumann, gespielt von Damian Hardung und Leo Roland, gespielt von Tim Oliver Schultz, lassen uns nur erahnen, was die Diagnose Krebs bedeutet für diese jungen Menschen. Welche Ängste sie haben, welche Hoffnungen. Der Moment wenn ihnen bewusst wird, was sie von gesunden Jugendlichen unterscheidet, was sie einerseits verpassen, aber andererseits dazu lernen. Wirklich schwere Kost.

Emma (Luise Befort) beleuchtet das Thema Essstörungen. Damit hatte ich mich nie großartig auseinander gesetzt. Diese Rolle spiegelt sehr gut die Verbindung dieser Erkrankung mit Problemen in der Familie wieder.

Toni Vogel (Ivo Cortlang) lässt mich oft schmunzeln. Wobei seine Geschichte auch eher traurig ist.

Last but not least der „Mentor“ Benito, gespielt von Matthias Brenner, welcher in mir als Zuschauerin beinahe einen Vaterkomplex auslöste.

Wenn solche Serien es schaffen, dass wir alle mal über den Tellerrand hinaus schauen und uns bewusst werden, wie glücklich wir uns schätzen dürfen gesund zu sein, dann ist eine Menge erreicht. Diese Schicksale, Begegnungen, Freundschaften und Kämpfe gehen unter die Haut. Prädikat: Mehr als empfehlenswert.

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Ein Krimi spaltet die Nation!

Reaktionen zum Tatort „Hardcore“ gestern Abend:

Ich habe im Vorfeld in der Fernsehzeitung schon gelesen um welches Thema es ging, und war unsicher was da auf uns Zuschauer zukommt. Pornos sind absolut nicht meins, das Mal am Rande erwähnt.

Zugegebenermaßen war anfangs hart was zu sehen war, aber das Thema fesselte und man schaute hinter die Kulissen dieser Szene. Pornographie gibt es nicht erst seit gestern. Alles was im Internet diese Thematik betrifft, ist aber sicherlich um einige Zacken schärfer. Meiner Meinung nach war das Thema plus die Ausdrucksweise nicht ohne, aber die Dialoge stellenweise sehr humorvoll. Ich musste mittendrin schmunzeln, gerade was die Unwissenheit der Ermittler betraf. Auch ich stand wie ein Ochse vor dem Scheunentor bei all den einschlägigen Abkürzungen dieses Etablissements. Trotzdem war dieser Tatort fesselnd und beleuchtete ein Milieu, über das wahrscheinlich nur mit vorgehaltener Hand gesprochen wird. Wenn überhaupt.

Nach dem Tatort ging auf der Seite der ARD bei Facebook die Post ab: Die Nation war größtenteils empört! Auch im Bezug darauf, dass dieser Tatort für Kinder ab 12 Jahren freigegeben war. Das hagelte Kritik der User in übelster Form. Die ARD bemerkte, „dass der Film das Pornogeschäft und den Pornokonsum in seiner Gesamtaussage als nicht erstrebenswert darstellt“. Das war nur ein kurzer Auszug aus dem Statement der ARD.

Weitere Kommentare der User:

„Sowas muss ABSOLUT NICHT im 20.15 Uhr-Programm laufen,“, Meine Anwälte werden, aller Voraussicht nach, gegen aller verantwortlichen Personen morgen Strafanzeige stellen …,“

 „Ich denke über eine Jugendschutzklage gegen die Programmverantwortlichen nach …“,

„Bääääh und das um 20.15 Uhr ihr seid nicht nicht mehr ganz frisch“,

„ARD. Freigegeben ab 12 Jahren. Ist da ein moralischer Blackout bei den Verantwortlichen und was sagt der Kinderschutzbund?“

Die Palette der Kommentare ließe sich unendlich fortsetzen.

Die Nation ist empört, dass 12-jährige diesen Tatort schauen konnten. Die ARD wird anscheinend für den Werteverfall dieser Kinder verantwortlich gemacht, die Schauspieler noch dazu. Warum? Haben diese Kinder keine Eltern? Die Eltern, die im Vorfeld schauen sollten, welche Thematik der Tatort beinhaltet. Eltern, die ihre 12-jährigen Kinder generell keinen Tatort schauen lassen sollten. Das sind Krimis. Das sieht man durchgeschnittene Kehlen, platt gefahrene Menschen, Blut und Bösewichte. Ein Tatort geht bis 21.45 Uhr, da sollte ein 12-jähriger langsam im Bett liegen an einem Sonntag. Nicht die ARD trägt dafür die Verantwortung, sondern die Eltern!

Gerade unsere Netzwerke/das Internet an sich sind Quelle von viel Übel und Perversitäten. Wenn man sich da nicht auskennt und nicht schnell Lunte riecht, fällt man auf die Klappe. Auch und gerade im Bereich der Erotik bezüglich Abofallen usw.

Im Internet auf Pornoseiten kommen ist doch heutzutage kein Ding mehr, das Netz ist voll mit solchen Seiten. Da war der Tatort gestern das Musikanten-Stadl gegen.

12-jährige Jungs und Mädels sind eine andere Generation, diese könnten teilweise ihren Eltern erklären wo der Frosch die Locken hat in diesem Bereich. Weil sie dank Tablet, Smartphone und Rechner Zugriff darauf haben. Und viele von der jungen Generation wussten gestern mit dem Vokabular sicherlich besser Bescheid als wir „alten Hasen“.

Auf vielen anderen Sendern kann man beim Bügeln ab den Nachmittagsstunden schon Schmuddelkram schauen. Und das ist stellenweise so grottenschlecht dargestellt, dass es stellenweise schon belustigend wirkt.

Viele User haben auf der Seite der ARD gestern zum Glück genau dieses alles geäußert. Eine Doppelmoral, welche verlogen wirkt. Wenn der Markt in der Porno-Branche nicht wäre, dann würde sich diese bis heute nicht halten. Wie im Tatort gut zum Thema wurde, macht anscheinend das Internet diese Branche kaputt. Weil einige mit ihren privaten Channel und ihrer Webcam einen aktuelleren, attraktiveren Markt anbieten. Nicht das gelbe vom Ei, beide Seiten betrachtet. Aber wo die Nachfrage ist, da ist auch das Angebot. Eine traurige Entwicklung, aber so läuft das im Jahr 2017.

Ich habe diesen Tatort einfach nur geschaut, fand ihn spannend, stellenweise total witzig, und damit war das Thema vom Tisch. Muss man da so ein Fass aufmachen und mit rechtlichen Konsequenzen drohen? Das lässt tief blicken solch überzogenen Reaktionen. Nicht den Tatort betreffend, sondern die Zuschauer.

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Wenn aus Kollegen Freunde werden und wurden.

Diese Kolumne widme ich meinen Kolleginnen und Kollegen:

Heute war mein letzter Arbeitstag in der Klinik, welche ich über 6 Jahre lang sehr gerne aufgesucht habe. Meistens jedenfalls. Nach genau sechs Jahren und einem Monat ging diese Episode meines Arbeitslebens zu Ende. Fragen nach dem „warum“ und „weshalb“ sind zweitrangig, zumindest für Außenstehende.

Gerade in den letzten Tagen dachte ich über meine Anfänge nach. Diese waren weiß Gott nicht einfach, besser gesagt total bescheiden und wirr. Man kennt niemanden, alles ist neu, man muss sich in Arbeitsabläufe einfuchsen. Mir fiel das unglaublich schwer, keiner wusste ob ich meine Probezeit überlebe. Ich habe die Kurve noch bekommen, der Groschen war gefallen und das Eis gebrochen. Ab diesem Zeitpunkt begann eine wirklich tolle Zeit mit tollen Menschen. Was ich so geliebt habe, war die Vielfältigkeit meiner Kollegen: Das ging vom Arzt über die Krankenschwester über die Physiotherapeuten, die Leute aus den verschiedensten Verwaltungsabteilungen, die Haustechniker, Gärtner, Küchenangestellten etc. Total bunt gemischt, unglaublich spannend, tolle Charaktere. Recht schnell kristallisierte sich heraus, mit wem ich auf einem Level war. Die Zusammenarbeit mit diesen Menschen hat mir immer Spaß gemacht. Viele sind mir ans Herz gewachsen, von vielen kannte ich die privaten Geschichten, bei vielen habe ich gesehen was sie drauf hatten ihr Wissen betreffend. Alles im allem waren wir ein tolles Team.

Wenn ich an unsere Feste denke, gerade an die letzte Weihnachtsfeier mit dem „Pferd auf dem Flur“ und dem Feuerwerk sowie einer phänomenalen Stimmung, bekomme ich eine Gänsehaut. Das waren Momente in denen mir durch den Kopf schoss, dass es mich nicht besser hätte treffen können. Es fühlte sich an wie Familie. Gerne erinnere ich mich an die Lachkrämpfe mit unserem Gärtner auf dem Flur, der denselben trockenen Humor hatte wie ich. An die Gespräche auf den Stationen mit dem Pflegepersonal. An den Small Talk in den Pausen mit den anderen Kollegen. Man gehörte zusammen, man vertrat mit bestem Wissen und Gewissen die Philosophie dieser Klinik, man war bemüht im Sinne der Patienten sein Bestes zu geben. Was vielleicht nicht immer klappte, denn wir sind nur Menschen mit teilweise auch nicht immer rosigen Tagen. Viele Kollegen bekamen positive und auch negative Begebenheiten aus meinem Privatleben mit. Umgekehrt war es genau so. Zu einigen hatte man eine enge Bindung, andere wiederum waren nicht auf derselben Wellenlänge.

Für mich war es in den letzten Jahren immer hart wenn Leute gingen, die mir nahe standen. Weil sie krank wurden, gehen mussten, gehen wollten oder in den Ruhestand durften. Wie oft schon habe ich aus diesen Gründen Tränen vergossen.

Heute war ich diejenige, die zum letzten Mal dieses Haus betrat. Bauchschmerzen hatte ich schon tagelang, und Angst vor diesem Abschied. Es gab ein Frühstück, viele nahmen meine Einladung an und kamen. Wir aßen zusammen, lachten zusammen, erinnerten uns an wenige schöne Momente zusammen. Ich brach an meinem Schreibtisch schon in Tränen aus, bevor überhaupt jemand das Büro betrat. Weil mir solche Momente unendlich schwer fallen. Eine Ära ist zu Ende. Man kann sich an diese Zeit erinnern, aber es gibt keine Fortsetzung. Ich bin quasi raus und vermisse viele Kolleginnen und Kollegen schon jetzt. Die meisten jedenfalls. Bei einigen bin ich froh, wenn sich unsere Wege nicht mehr kreuzen in Zukunft. Diese Menschen hat man im privaten und beruflichen Bereich, so ist das eben.

Gefreut haben mich die netten Worte heute, die Worte des Dankes für meine Arbeit, die Wertschätzung meiner Arbeit in all den Jahren an sich, die netten Geschenke, Worte, Karten, Blumensträuße. Und die Umarmungen und Tränen der anderen. Nein, ich war nicht immer perfekt und habe Fehler gemacht, welche mir in den letzten Tagen durchaus klargeworden sind. Eine Erfahrung, die ich gerne mitnehmen möchte in meine Zukunft. Auch ich muss an mir arbeiten, als Mensch Steffi und als Angestellte Frau Werner.

Ich versuche mich an die Momente zu erinnern die lustig waren, erfolgreich und mit positivem Input gespickt. An die Zeiten, als ich jeden Morgen mit guter Laune zur Arbeit fuhr. An die Dialoge, Gespräche und Situationen, die ich mit meinen Kollegen genossen habe. Davon gab es verdammt viele.

„Ihr Lieben, ich bin froh euch alle kennengelernt zu haben. Ihr seid größtenteils tolle Menschen. Ebenso froh bin ich über die Begegnung mit den weniger tollen Menschen unter euch, auch ihr habt mir eine Menge gelehrt.“ 

Noch ein paar Tage Urlaub, die brauche ich auch um mich etwas zu erden und runter zu fahren. Denn dann geht es weiter, wieder in einer Rehaklinik. Ich hoffe, deren Gärtner ist auch so witzig. Ich freue mich auf die neuen Kolleginnen und Kollegen und auf neue Aufgaben. ^^

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Der Berg

Wenn wir mehr tragen müssen, als wir ertragen können.

Jeder von uns steht mal mehr und mal weniger vor einem riesigen Berg an Problemen, Aufgaben, Sorgen und Nöten.
Mal fällt es uns leicht all das abzuarbeiten, mal stehen wir davor, und alleine der Blick auf diesen Berg lässt unsere Motivation schwinden.

„Ich schaffe das nicht“, „ich kann das nicht“, „ich will das nicht“, ich habe keine Kraft mehr.“

Danach werden wir aber alle nicht gefragt. Dieser Berg steht vor uns wenn es uns vielleicht gut geht, aber auch wenn es uns nicht gut geht. Keine Rücksichtnahme auf all das.
Viele von uns sind sich im Klaren darüber, dass der Berg schnellstmöglich weg muss um Dinge zu klären, die wichtig für uns sind.
Viele von uns haben Panik vor der Klärung einiger Dinge, weil man Angst vor den Konsequenzen hat.
Viele von uns denken negativ, obwohl sich vielleicht einiges positiv klären würde. Wenn man sich daran machen würde den Berg abzutragen, Stück für Stück.
Wir sind manchmal so unendlich satt von Hiobsbotschaften, von schlechten Nachrichten. Es entzieht Unmengen an Energie. Energie die man bräuchte, um den Rest des Berges abzubauen.
Manchmal hängen ganz dicke Brocken zusammen, man kann dieses und jenes nur klären, wenn man welches geklärt hat.
Wir sitzen vor einem Haufen Arbeit und finden den Anfang nicht. Wir fühlen uns aber unwohl inmitten dieses Haufens. Es ist Chaos. Die Vernunft sagt: „Klär es.“ Dein Kopf und vielleicht auch Dein Körper sehen sich dazu nicht in der Lage.

„Das mache ich morgen.“ Nee, heute Abend.“ “Nächste Woche habe ich Urlaub, dann aber wirklich.“

So veräppelt man sich selber. Die Zeit rennt, manche Sache müssen zeitnah und schnell geklärt werden. Wir wissen das, aber wir schaffen es nicht. Und trudeln immer weiter in den Sumpf der ungeklärten Angelegenheiten.
Es tritt dann auch keine Ruhe ein, ganz im Gegenteil. Weil andere uns auf die Finger schauen die darauf angewiesen sind, dass wir Angelegenheiten klären. Uns wird auf die Füße getreten, immer und immer wieder. Was all den Druck und das schlechte Gefühl ins maßlose steigert.
Wir sind in Gedanken nur mit dem Berg beschäftigt. Der nicht kleiner wird, sondern immer größer. Und uns fast erschlägt.
Wir wachen nachts auf, haben Bauchschmerzen, sind lustlos, deprimiert.
Teilweise gehetzt, teilweise einfach nur müde.
Das Gedankenkarussell nimmt kein Ende, ganz im Gegenteil. Es wird immer schneller.
Wenn wir meinen, dass es schlimmer nicht kommen kann, kommt es aber manchmal noch schlimmer. Man möchte weglaufen, untertauchen, sich auflösen.
Wir sind oft der Meinung, dass nur wir solche Berge vor uns her schieben. Und dass nur wir „Luschen“ sind, zu doof ein Telefonat zu erledigen oder auf ein Schreiben zu reagieren. Wir fühlen uns wie die unfähigsten Menschen überhaupt. Wir beneiden die Menschen, die lachend und mit Freunden in einer Bar sitzen. Weil wir denken, dass diese Leute solche Probleme nicht kennen.
Wir inszenieren ein Leben nach außerhalb, damit keiner ahnt womit wir zu kämpfen haben. Manch einer zaubert ein so tolles Schauspiel aus dem Hut, welches einen Oscar verdient hätte.
Manche von uns schaffen es aus eigener Kraft sich all dem zu stellen. Nicht selten ist es wie ein kurzer Gang durch die Hölle Dinge zu lesen oder zu hören vor denen wir Angst hatten, weil unsere Befürchtungen eingetreten sind.
Nicht selten war die wochenlange Angst total unbegründet, weil uns positive Nachrichten ereilten. Dann atmen wir auf.
Einige aber brauchen dann Hilfe, weil sie es alleine wirklich nicht schaffen und jemanden brauchen, der sie in den Hintern tritt. Und der sie aufbaut. Oder auch einige kleine Steine mit dem aus Weg räumt.
Es fühlt sich toll an, wenn man solche Berge bezwungen hat. Man weiß zwar, dass der Weg nicht immer frei sein wird, die nächsten Brocken irgendwann wieder vor uns liegen. Aber man ist stolz darauf, wieder eine Hürde genommen zu haben.
Ich weiß seit ein paar Tagen, dass es ganz vielen Menschen so geht. Das machen wir aber fast alle mit uns alleine ab. Das Schauspiel von dem ich schrieb.

Ihnen einen schönen Feiertag. Und denen, die gerade vor einem solchen Berg stehen: Sie sind nicht alleine, da können Sie ein Eis drauf essen.

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