Vielleicht habt ihr gestern auch „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“ geschaut. Als 80er-Freak war das für mich fast schon ein Pflichtprogramm. Die Musik von Nena gehörte zu diesem Jahrzehnt wie Stulpen und Pumphosen. Als sie auf der Bildfläche erschien, die Jungs für sie schwärmten, und diese durchaus nett anzuschauende und noch viel netter anzuhörende junge Dame im roten Minirock in der Hitparade war, da überfielen mich Neid und Bewunderung. Ihre Karriere ging steil nach oben. Keine Party ohne Nena, kein Liebeskummer ohne Nena. Meine erste LP war von ihr. Ihre Musik schrieb nicht nur Geschichte in den 80ern, nein, ihre Musik schrieb auch damals unsere Geschichten mit.
Ich war nie ein Hardcore-Fan, war noch nie auf einem ihrer Konzerte. Die aktuellen Stücke kenne ich auch nicht. Aber das, was ich in den letzten Jahrzehnten so von ihr wahrnahm, von der Person Nena, hat mich stark beeindruckt. Nena ist eine Frau die auf mich irrsinnig authentisch wirkt, die ihren Weg zu finden schien, und die ihr Ding durchzieht, sich selbst unglaublich treu ist. Sie ist eine Frau die viel lacht, die begeisterungsfähig ist, bei der man merkt, dass die Musik ihr Ding ist. Das war auch gestern beim Tauschkonzert zu sehen.
Und sie ist eine Frau, die auch einen Weg gefunden zu haben scheint mit Schicksalsschlägen umgehen zu können. Gestern bei einem Bericht über sie kam das Thema kurz auf ihren Herzstillstand während der Geburt des 1. Kindes. Ihr Sohn konnte aufgrund der Folgen die ihn leider aufgrund dessen trafen, nicht seinen 1. Geburtstag feiern. Ganz dunkel erinnere ich mich noch an die Schlagzeilen. Das muss Horror pur gewesen sein. Nena hat in einem völlig gesunden Maß entschieden was an die Öffentlichkeit gelangt, und was im privaten Bereich bleibt.
Heute steht dort eine Frau die Ausstrahlung hat, Charisma, die hammermäßig ausschaut, die sich selbst treu geblieben ist. Eine Frau die auch negatives hinnahm, es weniger nach außen thematisierte, aber für sich Wege zu finden schien damit umzugehen.
5 Kinder und 3 Enkelkinder zählen zu ihrer Familie, und einige davon stehen mir ihr zusammen auf der Bühne.
Nena scheint eine Frau, die sich nicht mit jedem Pfurz in die Medien schiebt um auf sich zu fokusieren. Wobei sie es durchaus dürfte und könnte, denn ich finde sie ist eine Musikerin, auf die dieses Land stolz sein kann.
Ihre Songs gestern in völlig veränderter Form zu hören, mit anderen Stimmen, war ein Genuß für die Ohren. Und sie zu sehen wie sie diese Songs genoß, wie sie auch heute noch diese Songs lebt, hat mich total beeindruckt. Sie macht ihr Ding, und scherrt sich nicht im entferntesten darum ob und wie andere sie daraufhin beurteilen.
Von dieser Frau dürfen sie unsere selbsternannten „VIP-Pussies“, die außer schwachsinnigen Meldungen und noch viel schwachsinnigeren Selfies wenig auf die Kette kriegen, gerne eine dicke, fette Scheibe abschneiden.
Bewerbungsschreiben mal anders ;-)
Hallo RTL,
Hallo Redaktion von „Schwiegertocher gesucht“,
Hallo Vera int Veen,
Ich habe mal wieder mit großer Begeisterung Ihre Sendung verfolgt. Und ich war neidisch, sehr neidisch, um nicht zu sagen tierisch neidisch.
Beate im Doll House, mit Lilo Wanders, und mit den schnuckeligsten Schnullipöpsen, die ich seit langem sah.
Jetzt mache ich Ihnen mal ein Angebot:
Ich, Langzeit-Single, fast 46 Jahre alt, nicht immer rundlaufend, komme mal für eine Sendung vorbei. Und auch ich möchte gerne mal mit Lilo übern Kiez wandern und mir hübsche Wäsche aussuchen dürfen.
Ich war 1x auf der Reeperbahn. Da war ich knapp 20 Jahre alt und habe mir ehrlich gesagt in die Hosen ge……. vor lauter Überforderung wegen diverser Etablissements, die ich als Langzeit-Dorfbewohnerin jetzt in der Form noch nicht soooo kannte. Schwamm drüber, ich bin jetzt einen Ort weitergezogen und würde es nochmal wagen.
Wir müssten das nur senden unter „Schwager gesucht“, ich denke das wäre im Sinne meiner Schwestern, diverser Schwager (Mehrzahl jetzt, ich weiß nicht wie das heißt, sorry) und so.
Einzige Voraussetzung: Wir drehen nicht in meiner Bude, und mich küsst auch keiner mit der Zungenspitze in die linke Nasenöffnung.
Leider ist der Prinz für mich zu jung und auch zu sportlich, sonst wäre ein Bewerbungsschreiben genau jetzt unterwegs. Zudem bin ich auch nicht unbedingt die Persönlichkeit, die bei einem Bankett oder anderen gesellschaftlichen Ereignissen etwas repräsentieren könnte. Da hätte der Prinz also quasi keine große Unterstützung auf dieser Ebene durch mich. Und mit 182 cm Körpergröße und 8 cm hohen Pumps würde ich sicherlich auch etwas mutantenmäßig wirken im Kreise der Adligen.
Also: Der Deal steht, ich warte quasi nur auf Ihre (hoffentlich positive) Nachricht.
Tschakka, wir schaffen das.
Gruß Steffi Werner/Kolumnen, die das Leben so schreibt von Steffi Werner
Nicht so weit rechts, Mensch!
Wer sich von Euch Elternteilen hier wiederfindet, winke am Ende der Kolumne bitte mit dem Schaltknüppel.
Ach ja, gestern lagen sie noch im Kinderwagen oder saßen auf unserem Schoß während wir lustige Kinderlieder mit ihnen gesungen haben, und heute sitzen sie im Auto auf der Fahrerseite, mit dem Lappen in der Tasche. Und da singt keiner mehr lustige Kinderlieder.
Ich hab mir diesen Moment nicht einfach vorgestellt, echt nicht einfach. Aber dass ich sooooooo reagiere, hat selbst mich überrascht.
Man sitzt als Mutter/Vater neben dem Nachwuchs auf dem Beifahrersitz, und nimmt Züge an, die mir persönlich bislang in der Form noch nie begegnet waren. Gott, bin ich extrem.
Könnte ich meine Klappe halten, weil der Kurze wirklich gut fährt … nein, mein Mund steht nicht still. Meine Körperspannung ist mal ne richtige Körperspannung, ich sitze mit den Händen in den Sitz gekrallt und labere wie ein Buch.
„Kupplung langsam kommen lassen“,
„Schlag das Lenkrad eher ein“,
„Schalte doch endlich“,
„Brems doch nicht so dolle“,
„Gib Gas jetzt“,
„Achte immer auf die anderen, da sind genug Pappnasen unterwegs“,
„Blinker haben ihre Daseinsberechtigung“,
„Lass den Spacko vorfahren, der hats nicht drauf“,
und, und, und.
Ich schaffe es auf einer Strecke von 2 km 645 Sätze zu sprechen. Aber was sage ich: Zu beten, wie einen Rosenkranz.
Ich sage das nicht normal, pädagogisch sinnvoll, nee, ich brülle das mit zitternder Stimme und kralle mich in die Sitze. Ich trete das Bodenblech durch, die Hand geht immer richtig Handbremse, obwohl noch nicht eine Situation bedrohlich war.
Der Kurze reagierte letztens richtig: Er fuhr rechts ran, drehte den Schlüssel rum, stieg aus und sagte:
„Fahr Du weiter, ist ja nicht zum aushalten mit Dir.“
Jau, das war für mich unangenehm und saß.
Es ist eben komisch: Immer saß man vorne links, das Kind hinten oder eben auch rechts, und plötzlich ist es andersrum.
Es bedarf seiner Zeit.
Übrigens kann ich es nicht im entferntesten leiden, wenn mich jemand beim Autofahren korrigieren will oder belehren.
Und die emotionalen Streitigkeiten, wenn ich mit meinen kurzzeitigen Lebensabschnittsgefährten „on the road“ war:
Da war Spannung unterm Sonnendach, das glaubt mal.
Ich gelobe Besserung, beim Leben meines Ersatzreifens. ^^
„Ganz oben trifft ganz unten“
Das ist jetzt eine von vielen Überschriften zur Meldung, dass in Kürze Mode von Jette Joop bei Aldi Süd zu kaufen ist.
Ja, ja, ganz oben trifft ganz unten. Ich empfinde diese Wortwahl als Schlag ins Gesicht für alle Geringverdiener.
Aussage auf einer anderen Seite: >>Wir zeigen, wie die Modelle für den Grabbeltisch aussehen.<<
Ich oute mich dann mal: JA, ich gehöre wohl zu “ganz unten”, denn wir kaufen im Lebensmittelbereich wenig Markenware, sondern günstige Ware. Was aber nicht heißt, dass es qualitätsmäßig schlechter ist.
Nein, hier hat sich noch keiner übergeben nach Erbsen und Möhren in der Billigversion, hier hat noch niemand einen anaphylaktischen Schock nach der Benutzung von günstigem Klopapier erlitten, auch es kam noch nie zu der Situation, dass hier jemandem nach dem Genuß von billigem Sprudel der Magen ausgepumpt werden musste.
Wenn, wie dann eben im TV zu hören, die Konzerne vom “Billig-Image” weg möchten, dann frage ich mich ernsthaft, ob sich diese Konzerne mal mit dem Klientel beschäftigen, denen sie ihre Waren zum Kauf anbieten. Sicherlich bringt der Kunde mehr Geld in die Kasse, der eben auch mehr Geld hat. Was machen dann die, die weniger haben? Eine eigene Tierzucht? Obst- und Gemüseanbau? Schafe züchten um an Wolle zu kommen, um dann Ponchos zu häkeln und T-Shirts zu klöppeln? Sind diese Kunden nicht mehr gerne gesehen? Sind die/wir billig?
Wir leben in einem Zeitalter, in dem wir alle hart malochen müssen für unsere Gehälter. Alles wird teuer, aber wir haben nicht unbedingt mehr Geld in der Tasche. Sparen heißt heutzutage nicht mehr geizig zu sein, oder sein Geld zusammen zu halten, sondern es heißt auch über die Runden zu kommen, Essen auf den Tisch zu bringen.
Mir wirds speiübel bei Aussagen wie >>Designermode zwischen Apfelschorle und Klopapier.>> Ja und? Darf jemand, der günstige Lebensmittel kauft, keine Hose von Jette Joop kaufen? Steht dass nur Menschen mit Kohle zu? Ich empfinde solche Äußerungen durchaus als einen dicken, fetten Doppelstrich unter der Überschrift 2 Klassen-Gesellschaft.
Umso mehr freut es mich, dass auch Jette Joop mit der Aussage “Aldi ist Kult” die Sache auf den Punkt bringt. Früher als Kind habe ich mich in Grund und Boden geschämt wenn unsere Eltern uns Kleidung aus dem Aldi mitbrachten. Kinder können gemein sein, wissen wir alle. Und heute sage ich: Die Kleidung von Aldi und Co. ist meistens von der Qualität her um einiges besser als die Kleidung aus dem Mode-Einzelhandel (aus dem Mode-Einzelhandel den ich so aufsuche!). Die Form bleibt in Ordnung, die Farben waschen sich weniger aus, die Nähte halten. Mir ist es relativ egal was andere davon halten wenn sie sehen, dass ich mir Stiefeletten von Aldi und Co. hole. Jedem so, wie es ihm beliebt, und wie gut sein Portemonnaie bestückt ist.
Dass die Joop-Kollektion im Aldi so derart diskutiert wird, war ja klar. Dass aber teilweise so von oben herab darüber berichtet wird, und Worte wie “Imageschaden” zu lesen sind, macht mich dann sprachlos. Ein Markenzeichen der “Schreiberlinge”, kenne ich ja selber.
„wink“-Emoticon
Ich sage: Toll gemacht Frau Joop, Sie haben den Gang der Zeit dann wohl verstanden.
So, wie siehts aus? Jemand Bock hier auf eine Art Kommune zur Selbstversorgung? ^^
Der 1. April: Für mich “Naivchen” einen rabenschwarzer Tag.
Ging auch gut los vorhin: Ich habe eine Meldung hier bei Facebook gelesen, dass die Hilfsorganisation, für die auch ich tätig bin, jetzt “Rettungsschweine” ausbildet, als Unterstützung für die Rettungshunde. Mein erster Gedanke war:
“Cool, kannste jetzt doch bald an Übungen teilnehmen.”
Ich habe ja Angst vor Hunden.
Als ich gerade ansetzen wollte, um meine durchaus vor Euphorie triefende Meinung kundzutun, fiel mir ein:
“Attention Frau Werner, heute ist der 1. April.”
Da ich zu den Menschen gehöre, die erst mal alles glauben, versuche ich an Tagen wie dem heutigen keine große Konversation zu betreiben. Und am besten nix kommentieren hier, weil ich nicht weiß ob Ente oder nicht Ente oder Ente süß-sauer.
Am 1. April stelle ich alles in Frage, alles.
Und falle mit Pauken und Trompeten auf fast jeden Joke rein.
Würde es jetzt hier klingeln, und es würde jemand in die Sprechanlage brüllen:
“Steffi, komm mal schnell runter, hier liegt ein Brontosaurus, und der atmet so unregelmäßig”, ich würde in meinen Tiger-Puschen mit 70 km/h die Treppe runterlaufen, den 1. Hilfe-Beutel unterm Arm, im Geiste die Reanimation vornehmend.
Käme ein Anruf, ich müsste mal ganz schnell meinen Wagen wegfahren, weil hier gleich eine Boing 777 zwischenlandet, besetzt mit 550 nackten Single-Männern, die alle mal ganz dringend auf meine Toilette müssten, ich würde meinen Wagen wegfahren, auch in Tiger-Puschen. Und Klo schnell putzen.
Heute wäre ein exzellenter Tag, jemandem seine Liebe zu gestehen. Reagiert die Person jetzt nicht soooooo begeistert, könnte man es revidieren mit den Worten “April, April.” So käme man quasi noch raus aus der peinlichen Nummer.
Also hätte ich die über 75 Mille beim Euro-Jackpot gewonnen, hätte ich es heute erzählt. Da glaubt es einem ja keine Sau.
“Hier, der war echt gut, da träumste von, wa?”
Ich würde mal gerne wissen welche Anrufe heute aus dem Kreißsaal an Opas und Omas und Tanten und Onkel gehen mit der frohen Botschaft, dass die neuen Erdenbürger da sind, und es folgt am anderen Ende der Leitung ein
“April, April, ihr habt erst in 2 Wochen Termin.”
Ich werde mich heute viel zu Hause aufhalten, wenig ans Telefon gehen, hier bei Facebook nichts kommentieren, und mich heute Abend selbst auf meinem Sofa für meine grenzenlose Naivität feiern.
“Ihr Name war Naiv, Steffi Naiv.” ^^
Unsere Dörfer halten die Tradition „Osterfeuer“ am Leben.
Danke an die Dörfer und die Ausrichtung der Osterfeuer rund um Uslar.
Man sah es ja die letzten Tage genau: Trecker und Jungs/Männer im Blaumann, die seit Wochen oder gar Monaten in ihrer Freizeit dafür einstanden, dass wir hier an der Tradition der Osterfeuer festhalten können, und diese besuchen dürfen, zu unserem unterhaltungstechnischen Vorteil. Kein Eintritt, nur eben der durchaus berechtigte Preis für eine Wurst oder eine Cola. Ich kann mich nicht mal mehr entsinnen, wann und wo Uslar ein Osterfeuer ausrichtete. Ist aber auch wumpe, ab Ostersamstag ist die Auswahl hier weit gefächert, wann wir wo und wie ein Osterfeuer ansehen möchten. Gestern Abend war ab Ortsausgang Uslar bis Bollensen eine Dunstwolke, wie Nebel, das waren aber die Osterfeuer. Und da stehen Leute hinter, die das in ihrer Freizeit machen, ohne dass Geld in ihrer eigenen Tasche landet, ohne feuchten Handschlag oder ein „Danke“. Ich sage dann mal Danke, every year the same procedure
Das ominöse „rote Licht“ in der Wiesenstrasse.
… auch Du irritierst warst über das „rote Licht“ in der Wiesenstrasse.
Als wir gestern recht spät aus Bodenfelde kamen, sahen wir beim Abbiegen in die Wiesenstrasse, dass weiter hinten so ein merkwürdiger roter Schein zu erkennen war. Also runtergeschaltet und weitgefahren. Brennt es da? Ein horizontales Gewerbe? Nee, war der Schein unserer 4. Spielhalle, da ist ein recht auffälliges, rotes Licht um den Bau verarbeitet worden.
Wenn wir nix haben, aber eine stellenweise rotschimmernde Wiesenstrasse haben wir wohl jetzt. Auch mal schön (Ironietaste aus)
Klappe und Aktion!
Ich durfte mal die Atmosphäre eines Castings erleben, vor ca. 1,5 Jahren. Da man sich verpflichtet nicht über Dinge zu sprechen was den Ablauf angeht bzw. was hinter den Kulissen passierte, und ich das über eine Rechtsstelle abklären lassen musste bzw. wollte, kommt es jetzt erst dazu. Ich bekam nie eine Antwort bezüglich einer Kolumne darüber, also ob ich etwas veröffentlichen darf oder nicht. Deshalb schreibe ich quasi verschlüsselt, ich bin ja auch nicht auf den Kopf gefallen, gelle?
Der Aufruf zum Casting kam hier über Facebook, es wurden Frauen gesucht die eine Geschichte zu erzählen haben. Und ich dachte so:
“Jau Steffi, wenn nicht Du, wer dann.”
Gesucht wurde von einem namhaften deutschen Designer für einen namhaften deutschen Sender. Es war ein total neues Sendeformat.
Ich also meine Angaben da ins Formular geklöppelt und abgeschickt.
Tage später bekam ich eine SMS auf mein Handy mit einer Einladung zum Casting, in ein Hotel, ca. 35 km von hier entfernt.
Ich bin total ausgerastet vor Freude, sah mich vor meinem geistigen Auge schon über sämtliche roten Teppiche der Welt laufen, und habe das jedem erzählt, ob ich die Leute kannte oder auch nicht kannte.
“Hier, wissen Sie was? Ich werde gecastet, für …, von …”
“Ah.”
Also legte ich mir eine Strategie fest, sichtete den Inhalt meines Kleiderschrankes äußerst akribisch, und entschied mich für ein Outfit von dem ich dachte, dass es mich vorteilhaft und identisch darstellen könnte (Holzfällerhemd und eine schlichte schwarze Hose, Boots). Ein Bekannter fuhr mich hin, ich war ja nicht mehr in der Lage ein Kfz zu lenken. Der Bekannte sagte noch:
“Ich bringe Dich kurz rein und fahre dann wieder.”
“Jau.”
Wir da rein, alles voll mit kleinen Frauen und großen Frauen und jungen Frauen und nicht mehr so jungen Frauen, mit auffälligen Frauen und unscheinbaren Frauen. Man wurde registriert von den freundlichen Mitarbeitern, und nahm Platz.
Mein Bekannter so:
“Ich bleibe, voll spannend hier.”
Wir wurden dann alle über den Ablauf informiert, und das Casting ging los, erstmal in verbaler Form durch Mentoren. Diese Mentoren entschieden dann wer vor die Kamera kommt, und wer nach Hause gehen muss.
Tja, und das dauerte. Und dauerte, und dauerte, und dauerte. Irgendwann kam man mit den anderen Bewerberinnen ins Gespräch.
“Warum bist Du hier?”
“Meinste der deutsche Designer kommt noch?”
“Guck mal die Blonde dahinten, etwas doll aufgedonnert, oder?”
Eine Dame kam gleich mit ihrem “Manager”. Das Kleid war so kurz, dass man per Blick eine Krebsvorsorge hätte durchführen können. Alle 10 Sekunden machte er von ihr Bilder. Mal die Haare nach rechts geschwenkt, dann nach links, dann mit Schmollmund, mit Kußmund und so weiter. Hat aber wohl alles nichts gebracht, ich sah sie jedenfalls nicht in der Show.
Zwischenzeitlich füllte sich das Hotel nochmals, denn das offene Casting begann. Also für die Frauen, die nicht eingeladen waren. Ich muss ja nicht betonen was das für ein Geschnatter war in der Hütte. Die Luft war parfümgeschwängert.
Nach gefühlten 354 Stunden war ich dann dran. Ihr könnts mir glauben, mir lief der Schweiß am Arsch runter. Wir unterhielten uns, ich antwortete auf Fragen die mir gestellt wurden, und versuchte dann meine Kolumnen in den Fokus zu rücken. Die gute Frau hatte auch eine gelesen. Dann kam der erlösende Satz:
“Du gehst noch vor die Kamera.”
Da war ja aus, da nahm meine Aufregung Dimensionen an, dass ich kurz davor war ein Herrengedeck zu bestellen.
Also ging es für mich an die reservierten Tische, zur Konkurrenz. Wie die Hotelgäste uns anschauten, man konnte an den Blicken sehen dass sie überlegten: “Woher kenne ich die?”
Und wieder warten, und warten, und warten, und warten.
Ich hatte mir Getränke eingepackt und Brot, hat mir meine Mutter immer eingetrichtert. Das war mein Glück. Und das der anderen. Ich habe das Brot nämlich an die anderen Damen verschenkt, die hatten so Schmacht. Wir waren mittlerweile schon knapp 6 oder 7 Stunden dort. Dann wurde ich aufgerufen. Ich war total fertig, hatte Schwitzflecken unterm Arm, fing an beim sprechen zu spucken wie ein Lama, und saß auf dem Hocker vor der Kamera wie ein Affe auf dem Schleifstein. Diese riesige Kamera, ein total hübscher Kameramann, eine andere, durchaus nette Mentorin, und ich im Holzfällerhemd mit Leberwurstbrotresten in den Mundwinkeln auf diesem Hocker. Ich war total unauthentisch, nicht so wie ich mich kenne. Zu aufgeregt, zu steif, zu sehr darauf fixiert was ich sagte.
Wir mussten alle wochenlang auf die Antwort warten, ob wir dabei sind oder nicht. Ich war es dann nicht. Aber mein Band mit den Aufnahmen vor der Kamera schlummert noch bei dem namhaften deutschen Sender. Also falls die mal eine Frau suchen im Holzfällerhemd, mit Leberwurstbrotresten im Mundwinkel und Schwitzflecken unterm Arm, dann könnten die auf mich zurückgreifen, das könnten die quasi. ^^
Bitte was?
Ich war gestern mit meinem Vater zu einer Untersuchung im Krankenhaus. Ich kannte das Haus noch nicht, und war total gespannt.
So wie ich das sah, war es eine Art Notaufnahme, in der Nähe einer diagnostischen Abteilung.
Und plötzlich höre ich, wie sich zwei Ärzte laut unterhalten. Auf dem Flur, auf dem auch wir Wartenden saßen.
Ich hörte nur Fetzen, in etwa so:
“Wenn da eine Klage ins Haus kommt von Patienten, … die gewinnen ja meist … “ Blablabla.
Ich dachte ich breche ab!
Da stehen diese beiden Halbgötter in Weiß auf dem Flur, und besprechen solche Themen in Anwesenheit von uns. Ich dachte:
“Ach Du Scheiße, was ist das denn für ein Laden? Haben die hier etwa desöfteren Prozesse zu führen?”
Das war der erste Punkt an dem ich dieses Haus nicht besonders vertrauensvoll fand, oder besser gesagt die Hose war schon halbvoll.
Dann gings weiter:
“Du musst Dir immer Handschuhe anziehen. Ich finde das soooo ekelhaft wenn ich da Bazillen an der Hand habe.”
Die anderen Patienten waren so am schmunzeln.
Mein zweiter Gedanke war dann der, ich bin bei der versteckten Kamera! Die Hose war zu ¾ voll!
Wie können zwei Mediziner, die in einem Alter zu sein schienen, in dem man gefühlte 2.375.473 Handschuhe getragen haben muss, eine derartige Konversation betreiben? Vor unseren Ohren?
Krönung des Ganzen:
Eine Schwester telefonierte, so laut dass wir wieder alles hören konnten. Da war eine Aufnahmebogen nicht mehr zu finden, anscheinend weg. Schon allein die Erklärung in welchem Teil der Patientenakte diese zu finden wäre, fand ich total daneben.
Ihr Wortlaut am Telefon:
“Wenn er sich im Bett breitgemacht hat, lass ihn den nochmal ausfüllen.”
Den Name des Patienten hatte ich auch verstanden.
Da war aus bei mir, da war die Hose randvoll. Ich war froh, dass mein Vater seine Hörgeräte nicht trug, und das alles nicht mitbekam. Mein Fazit gestern: Ich werde dieses Haus als Patientin nicht betreten, jedenfalls nicht bei Bewußtsein.
Wie kann medizinisches Personal, welches das Haus bestmöglich präsentieren sollte, sich solche Ausrutscher erlauben? Für gewisse Gespräche sollte man die Türen schliessen, oder sich von den Patienten entfernen. Ich habe mich echt fremdgeschämt für dieses Verhalten.
Und sah mich vor meinem geistigen Auge in einem Bett liegend, die zwei Ärzte erzählen mir dass sie meine Bazillen ekelhaft finden, dass es zum Prozess kommen wird deswegen, und die Schwester deshalb unter meinem Bett rumkrabbelt, weil sie meinen Aufnahmebogen sucht.
Es reden immer alle von Schweigepflicht, dafür musste ich schon unterschreiben als ich meine Lehre anfing.
Manchmal ist davon aber nicht viel zu merken in Praxen/Kliniken. Anmeldungen und Wartezimmer gehen heutzutage oft fliessend ineinander über. Telefonate werden geführt; für die anderen Patienten hörbar. Es wird gefragt warum jemand den Arzt konsultieren möchte; für die anderen Patienten hörbar.
Man bekommt Rezepte, Überweisungen, am besten noch den Inhalt mal kurz erklärt, und das alles für die anderen Patienten hörbar.
Ich möchte nicht, dass jeder weiß warum ich den Arzt sprechen muss. Ich mag es auch nicht, dass mir beispielsweise laut erklärt wird wo der nächste Proktologe ist, oder dass die Pilzsalbe für “untenrum” zuzahlungspflichtig ist. Das ist nämlich für mich dann keine Schweigepflicht mehr.
Genauso benimmt es sich nicht, dass Patienten vor anderen Patienten auf versäumte Zahlungen angesprochen werden. Das klärt man im Sprechzimmer hinter verschlossenen Türen. Mein Bankberater kommt auch nicht in die Schalterhalle gelaufen und brüllt:
“Hey, Wernersche, was ist denn auf dem Konto los? Jetzt aber schnell 5,40 Euro Überziehungszinsen abgedrückt, aber ganz schnell, mein Fräulein.”
Die Banken haben beinahe eine besser eingehaltene Schweigepflicht als die medizinischen Berufe.
Wenn ich mit z. B. mit Patienten telefonieren würde, und da stehen andere Leute, dann sage ich nicht:
“Ist gut Herr Boll-Vlotho, die nächste Hämorrhoidenverödung wieder in 4 Wochen. Und das Problem mit Viagra müssen Sie mit Herrn Doktor selber besprechen, da kann ich nichts zu sagen. Gruß an ihre Frau, die Abstriche auf Clamydien und den weichen Schanker waren in Ordnung. Ihr Sohn muss noch die Prostatavorsorge-Untersuchung bezahlen, richten Sie das bitte dem Stephan aus. Und für die Ulrike liegt hier eine Broschüre zu alternativen Verhütungsmethoden, bei ihrer Aktivität in dem Bereich sicherlich interessant. Also ich meine Ulrike jetzt, nicht Sie.”
Sowas gehört sich einfach nicht, man nennt (für andere hörbar) keine Namen, keine Diagnosen etc. Heutzutage ist das aber anscheinend Gang und Gebe. Von der Tatsache, dass Dinge besprochen werden wie eingangs der Kolumne genannt, ganz zu schweigen.
Die Seuche Krebs kennt kein Pardon!
(Meine Gedanken zur Meldung, dass Guido Westerwelle den Kampf gegen den Krebs auch verloren hat).
Krebs kennt kein Geschlecht, kein Alter, kein Einkommen, keinen gesellschaftlichen Stellenwert. Gnadenlos schlägt er zu, und stürzt die betroffenen Patienten, deren Familien und Freunde in ein tiefes Loch, in dem sich Hoffnung und Verzweiflung abwechseln.
Ich kann mir nicht vorstellen was ein Mensch denkt oder empfindet, welcher diese Diagnose gesagt bekommt. Nicht zu wissen ob man diese Krankheit besiegt, wie lange man noch am Leben bleibt, muss Betroffene um den Verstand bringen.
Die ständigen und teilweise schmerzhaften Untersuchungen sind das eine, die teilweise mit schweren Nebenwirkungen verbundenen Therapieversuche das andere. Kämpfen um jeden Preis, hoffen um jeden Preis, der Versuch sich am Leben festzuklammern.
Vor jeder Untersuchung die Panik ob sich der Tumor vergrößert hat oder auch schon streute, ob sich Metastasen gebildet haben, die Lymphknoten befallen sind. Wie hält ein Mensch das aus?
Es gibt Patienten, die möchten die gnadenlose Wahrheit hören bezüglich der Lebenserwartung. Und es gibt Patienten, die sich die Ohren zuhalten möchten wenn Ärzte Prognosen aufstellen. Man kann nicht weglaufen, nicht flüchten, nicht die Augen davor verschließen, es nicht ausblenden. Eine sicherlich unglaubliche Qual bei lebendigem Leibe, bei vollem Bewußtsein. Immer die Angst davor dass sich der Gesundheitszustand rapide verschlechtert, jedes Unwohlsein muss Todesangst auslösen.
Ich habe einen lieben Menschen durch Krebs verloren, habe von der Diagnosestellung bis zum letzten Atemzug alles miterlebt. Es hat mich so hilflos und wütend gemacht nichts tun zu können, nicht helfen zu können, teilweise nicht ansatzweise beruhigen zu können. Die Angst dieser Menschen ist stellenweise greifbar, und es zerreist einem der Herz.
Die Seuche Krebs macht nicht mal vor Babies halt, vor kleinen Kindern. Sie haben das Leben im Ansatz noch nicht verstanden, und müssen schon um dieses kämpfen. Wie brutal!
Zu sehen wie sich jemand quält wenn es dem Ende zugeht, und das teilweise über Tage oder auch Wochen bis der Fährmann sie abholt, ist so unglaublich pervers.
Wo man hinhört, ob Kollegen oder Freunde oder Bekannte: Ich bilde mir ein der Krebs wird immer erbarmungsloser, greift immer mehr um sich. Mir macht das Angst.
Die Forschung hat schon vieles ermöglicht was die Heilung angeht. Denken wir an die Knochenmarktransplantationen, die schon vielen Menschen das Leben gerettet haben, um nur ein Beispiel zu nennen. Aber noch viel schöner wäre es wenn es Möglichkeiten gäbe, nach Ausbruch der Seuche Krebs diesen sofort zerstören zu können.
Allen Betroffenen die besten Genesungswünsche, was ihr durchmacht oder durchgemacht habt übersteigt meine Vorstellungskraft.
Ich kann mir vorstellen dass die Menschen, die den Krebs besiegten, oder auch andere Krankheiten die das Leben am seidenen Faden hängen lassen, Facetten kennenlernten, die wir “Gesunden” nicht erahnen können …